Gemeinsam wollen FAW und IDOOH die „grüne“ Positionierung von (D)OOH im Werbemarkt voranbringen. Dabei geht es unter anderem um die Ermittlung eines spezifischen „Product Carbon Footprint“ von (D)OOH-Kampagnen. Einen Markt-konformen Standard für die Bilanzierung solcher Kampagnen gibt es bisher nämlich nicht. 2. Teil der Nachhaltigkeitsserie von Karin Winter, Marketing & PR beim FAW.

(D)OOH gilt als eine der „grünsten“ Mediengattungen – diese Position wollen FAW und IDOOH weiter schärfen und ausbauen. Erst vor kurzem hat die von FAW und der Beratungsgesellschaft bynd neu aufgelegte Studie zum „Return on Environment“ (ROE) bestätigt, dass eine Verschiebung von Budget zugunsten von (D)OOH die Emissionswerte von Mediamix-Kampagnen signifikant senken kann – „und dabei auch hocheffizient auf den zentralen KPI Sales wirkt“, betont Kai-Marcus Thäsler, Hauptgeschäftsführer des FAW. „Zum Teil genügt schon eine leichte Erhöhung des (D)OOH-Anteils, um die klimaschädlichen Emissionen zu reduzieren und zugleich den Abverkauf anzutreiben. Out of Home löst also den Konflikt zwischen Ökonomie und Ökologie und ist damit wie keine andere Mediengattung geeignet, die wachsenden Erwartungen der Werbekunden an eine nachweislich nachhaltige Mediaplanung zu erfüllen.“

KPMG-Studie: DOOH verursacht 10-mal weniger Emissionen als TV

Zu dieser These steuert der französische Außenwerbeverband UPE (Union de la Publicité Extérieure) Daten aus einer vergleichenden Analyse der CO2-Emissionen von Mediengattungen durch die unabhängige Beratungsgesellschaft KPMG bei. Sie bescheinigen OOH und DOOH den mit Abstand kleinsten ökologischen Fußabdruck, gemessen an der werblichen Ansprache einer stets gleich großen Zielgruppe, ausgedrückt in Gramm CO2-Äquivalente pro Jahr und Kontakt. Demnach verursacht (D)OOH zum Beispiel höchstens ein Drittel der Emissionen von Werbung im Internet und zwischen 7,1 und 10,7 mal weniger Emissionen als Fernsehwerbung. In Verbindung mit der auf seiner Website veröffentlichten KPMG-Analyse aus dem Mai 2023 weist der UPE zudem ausdrücklich auf die negativen Folgen einer zu starken Regulierung von Außenwerbung hin: Dann nämlich käme es zu einer Verschiebung von Werbegeldern zu energieintensiveren Medienkanälen mit höheren CO2-Emissionen.

OOH-Branchen-Tool zur CO2-Berechnung

Interessierten Werbekunden bietet der UPE auf seiner Website bereits seit zwei Jahren einen CO2-Rechner zur Ermittlung der Emissionen ihrer Kampagnen an. Neben der Gesamtmenge an Emissionen können hier auch die Werte für die einzelnen Phasen im Lebenszyklus einer Kampagne ausgewiesen werden – von der Herstellung über Transport und Installation bis zur Entsorgung. Ziel sei höchste Transparenz gegenüber der Werbewirtschaft, aber auch gegenüber der Öffentlichkeit, heißt es dazu.

Möglichkeiten zum Ausweis des spezifischen „Product Carbon Footprint“ von (D)OOH-Kampagnen hat auch die „Green (D)OOH“-Initiative von FAW und IDOOH  auf der weiteren Agenda. Es geht um geeignete Modelle zur präzisen, vollständigen und idealerweise Branchen-einheitlichen Erfassung der CO2-Emissionen von OOH-Kampagnen. Große Mediaagenturen haben bereits eigene CO2-Rechner entwickelt – um entstandene Emissionen bei der Umsetzung von Kampagnen zu ermitteln (ex post) und auch, um bei künftigen Kampagnen eine möglichst emissionsarme Umsetzung als zusätzliche Komponente schon in die Planung einzubringen (ex ante). Einen Markt-konformen Standard für solche Bilanzierungen von Kampagnen gibt es bisher allerdings nicht, jeder Rechner folgt seiner eigenen Methodik.

Internationale “Freiwilligen”-Allianz der Werbeindustrie

Genau dies will eine internationale Allianz der Werbeindustrie ändern, mit der Schaffung eines globalen, freiwilligen Industriestandards zur Messung von Treibhausgas-Emissionen im Bereich Medien. Gemeinsam haben die Global Alliance for Responsible Media (GARM) und Ad Net Zero, eine internationale Initiative zur Dekarbonisierung der Werbung, im Jahr 2023 mit der Entwicklung des „Global Media Sustainability Framework“ begonnen. Das Motto: „ALL FOR NONE“. Unterstützt werden sie von weltweit agierenden Größen der Werbeindustrie, darunter Agenturen wie GroupM, Omnicom, Havas und Publicis sowie Medienkonzerne wie JCDecaux und Goldbach.

Im Juli 2024 ist eine erste Version des Frameworks für die Medien Digital, TV und OOH/DOOH erschienen. Kurz darauf aber wurde GARM, gegründet von der World Federation of Advertisers (WFA), aufgelöst. Aus Verärgerung über den Abzug großer Werbungtreibender von seiner Plattform „X“ hatte Tech-Milliardär Elon Musk der WFA wegen vermeintlich illegaler Absprachen mit Klage gedroht und dabei die GARM in ihrer weiteren Funktion als Wächterin über Brand und Data Safety auf den sozialen Netzwerken ins Visier genommen. Um einer möglicherweise ruinösen gerichtlichen Auseinandersetzung mit Musk aus dem Weg zu gehen, nahm die WFA ihre GARM vom Markt. Damit ist es um das Global Media Sustainability Framework vorerst still geworden, auch wenn Ad Net Zero die Weiterentwicklung angekündigt hat.

OOH-Weltmarktführer launcht „360 Grad Footprint“-Rechner

Vor diesem Hintergrund hätte die deutsche Out of Home-Branche umso größere Chancen, mit einem eigenen Standard zumindest für den „PCF“ von OOH- und DOOH-Kampagnen klare Verhältnisse zu schaffen. Konkrete Pläne verfolgen FAW und IDOOH hierzu noch nicht, mit dem von Frank Goldberg genannten Ziel einer professionellen Außendarstellung der gesamten Branche beim Thema Nachhaltigkeit harmonisiert der Gedanke aber durchaus. Das deutet auch Andreas Paul an, der die Initiative „Green (D)OOH“ als Mitglied des FAW-Vorstands begleitet: „Als Verband wollen wir das gemeinsame Verständnis für den Einfluss unseres Mediums auf die Umwelt vertiefen und an der Reduzierung von Emissionen mitwirken. Wir beschäftigen uns deshalb auch damit, alle Emissions-relevanten Faktoren bei der Umsetzung von OOH-Kampagnen zu identifizieren und System-Grenzen zu definieren, die die Verantwortung der OOH-Unternehmen klar umreißen. Hier findet ein wertvoller Austausch von Informationen innerhalb der Mitgliedsunternehmen statt, der hilft, die Stellschrauben zur Reduzierung, im besten Fall Vermeidung von Emissionen zu erkennen und dauerhaft umweltfreundliche Lösungen zu finden.“

Dieser Informationsaustausch unter den Mitgliedsunternehmen von FAW und IDOOH wird in diesem Jahr sicherlich noch einmal Fahrt aufnehmen. Denn Out of Home-Weltmarktführer JCDecaux hat für 2025 den internationalen Launch seines Nachhaltigkeits-Rechners „360Footprint“ angekündigt.  Im Gegensatz zum Kalkulations-Tool des Verbandes UPE ist der Rechner nicht öffentlich, sondern der internen Nutzung durch eigene Kunden vorbehalten. Und er geht weit über die Bilanzierung von CO2-Emissionen hinaus: „360° Footprint“ bildet daneben auch den ökologischen Fußabdruck von Kampagnen bei Wasserverbrauch, Sozialem und in der Wirtschaft ab. Mit dieser vollständigen Rundumsicht auf OOH-Kampagnen nach ESG-Kriterien setzt JCDecaux einen neuen Marktstandard.

„Es geht um mehr als um CO2“, macht FAW-Hauptgeschäftsführer Kai-Marcus Thäsler den künftigen Weg der (D)OOH-Branche deutlich. „Nachhaltigkeit ist mehr als ein weiterer Media-KPI – sie ist eine Grundhaltung, mit der Medienanbieter ihr Geschäft im öffentlichen Raum betreiben. Nachhaltigkeit umfasst auch die Lieferketten, die Bewirtschaftung, das Material, auch den sozialen Habitus des Anbieters und seine Unternehmensführung. Kriterien, an denen sich Außenwerbung künftig messen lassen muss und die darüber entscheiden werden, ob Anbieter gebucht werden oder nicht. Im intermedialen Wettbewerb ist das nachhaltige Medium (D)OOH derzeit der Klassenprimus. Nun geht es darum, in Zukunft auch die Reifeprüfung mit Bravour zu bestehen.“

 

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