Die gesetzliche Verankerung von Nachhaltigkeitszielen in der Europäischen Union stellt die gesamte Wirtschaft vor weitreichende Berichtspflichten, so auch die Vermarkter von (Digital) Out of Home. In einer kleinen Blog-Serie fasst Karin Winter, beim Fachverband Aussenwerbung (FAW) zuständig für Marketing & PR, zusammen, was das für die Außenwerber bedeutet und wie FAW und IDOOH gemeinsam die deutsche (D)OOH-Branche auf ihrem Weg in die Nachhaltigkeit unterstützen wollen.

„Nice to have“ war gestern – in der Europäischen Union kommt Nachhaltigkeit nun regelmäßig auf den Prüfstand. Mit Inkrafttreten der so genannten „Corporate Sustainability Reporting Directive“ (CSRD) müssen allein in Deutschland zunächst rund 15.000 große Unternehmen erstmals für das Geschäftsjahr 2025 einen Bericht vorlegen, in dem sie auf Basis von vordefinierten Kriterien Angaben zu allen für sie wesentlichen ökologischen und sozialen Aspekten sowie zu Fragen ihrer Unternehmensführung machen. Die Kurzformel dieser drei auf Nachhaltigkeit abgeklopften Bereiche lautet ESG: „Environment“, „Social“, „Governance“.

EU-weit sind im ersten Schritt mehr als 50.000 große Unternehmen von der CSRD und damit vom ESG-Reporting betroffen, bis 2028 wird der Kreis der Berichtspflichtigen sukzessive vergrößert. Parallel dazu greift bereits seit 1. Januar 2024 das deutsche und mittlerweile von der EU adaptierte Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz (LKSG), das Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern dazu anhält, den Schutz von Umweltbelangen und Menschenrechten im Rahmen ihrer Lieferketten sicherzustellen.

Europäischer „Green Deal“ mit Schneeball-Effekt

Wer nun als Mittelständler oder kleiner Betrieb glaubt, um das Reporting herumzukommen, irrt. Wie in einem Schneeballsystem breitet sich der doppelte Prüf- und Berichtsdruck auf die gesamte deutsche und europäische Wirtschaft aus. Denn mit den großen Unternehmen nehmen „ESG“ und „LKSG“ automatisch alle mit diesen direkt oder indirekt verbundenen Betriebe in die Pflicht, von denen die Konzerne im Rahmen der Verursacher- und Lieferkette ebenfalls standardisierte Nachweise zur Nachhaltigkeit ihrer Tätigkeit verlangen werden. Völlig unabhängig davon, ob diese Geschäftspartner aufgrund ihrer eigenen Größe von den neuen gesetzlichen Regelungen bereits direkt betroffen sind oder nicht.

In dieses Schneeballsystem ist auch die Werbewirtschaft mit ihren Agenturen sowie Medienanbietern eingeschlossen, die nahezu alle Partner großer Werbung treibender Unternehmen bei der Umsetzung von Kampagnen sind. Und damit vor allem Teil der Verursacher-Kette von schädlichen Treibhausgas-Emissionen, auf denen nach wie vor das Hauptaugenmerk beim Streben nach Nachhaltigkeit und Umweltschutz liegt. Auch in der nationalen und internationalen Klimapolitik: Laut „Green Deal“ der EU soll Europa bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent werden, Deutschland will bereits 2045 „Net Zero“ erreichen. Konkret: Der jährliche Ausstoß von CO2-Emissionen darf dann nicht größer sein als die Menge, die so genannte „Klimasenken“ wie Wälder, Böden, Ozeane kompensieren können.

Für Medienanbieter wird die Bilanzierung von CO2-Emissionen und damit die Zertifizierung ihres „Corporate Carbon Footprint“ (CCF) nach einem anerkannten Standard zu einem „Muss“. Selbstverständlich auch für die OOH- und DOOH-Vermarkter. Sie erhalten dabei konzertierte Unterstützung: Seit Februar 2024 arbeiten der Fachverband Aussenwerbung (FAW) und das Institute for Digital Out of Home Media (IDOOH) im Schulterschluss an einer umfassenden Nachhaltigkeitsstrategie und -kommunikation für die gesamte Branche der klassischen und digitalen OOH-Medien.

FAW und IDOOH im Schulterschluss für „Green (D)OOH“

„Nachhaltigkeit ist etwas, das uns alle die nächsten Jahre und Jahrzehnte intensiv beschäftigen wird“, betont IDOOH-Geschäftsführer Frank Goldberg und verweist auf die immer strikteren gesetzlichen Vorgaben, die zunehmend kritischen Fragen der Werbekunden und letztlich immer rigider werdenden Vorgaben für deren Mediaeinkauf. „Man könnte meinen, dass wir in der Außenwerbung sehr gut darauf vorbereitet sind. Denn unsere Medien – egal ob Plakate oder Screens – sind ja mit die grünsten überhaupt. Aber deswegen zu glauben, dass wir als Branche nichts weiter tun müssen, wäre ein kapitaler Fehler. Denn natürlich ist noch viel zu tun.“

Höchste Priorität bei den To-Dos habe die Vorbereitung „aller Spieler der (D)OOH-Branche“ auf die kommenden ESG-Berichtspflichten, betont IDOOH-Geschäftsführer Frank Goldberg. Schon ab dem nächsten Jahr seien viele Werbekunden und Agenturen gehalten, ihre gesamte Mediaeinkaufskette zu zertifizieren. „Sozusagen über Bande“ stehe damit auch jeder kleine Vermarkter in der Pflicht. Im Klartext: „Wer vom Kunden nicht aussortiert werden will, sollte entsprechende Zertifizierungen vorlegen können.“

Genau hier kommen dann FAW und IDOOH ins Spiel, indem sie das für eine Zertifizierung nötige Wissen zentral zur Verfügung stellen, bei der Auswahl geeigneter Auditoren wie beispielsweise Climate Partner, my climate, Scope 3 oder Nature Office wie auch bei der Vorbereitung auf Audits unterstützen. Eine weitere mögliche Aufgabe der beiden Verbände sieht IDOOH-Chef Goldberg in der Entwicklung von Erfassungsstandards für unterschiedliche Werbeträger. Ganz wesentlich sei bei allem stets, „dass die Branche als Ganzes agiert und als Ganzes als professionell und nachhaltig wahrgenommen wird – statt wie ein Flickenteppich aus Einzellösungen. Diese professionelle Außenwahrnehmung kommt wiederum jedem einzelnen Anbieter zugute – egal, ob groß oder klein. Deswegen ist die gemeinsame Initiative von FAW und IDOOH so wichtig.“

Im zweiten Teil: (D)OOH löst den Konflikt zwischen Ökonomie und Ökologie/Branchen-Tool zur CO2-Berechnung von (D)OOH-Kampagnen.

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