Demokratie und Nachhaltigkeit: Kann Marketing die Welt retten?

Marketingentscheider haben die Macht, unabhängige Medien zu erhalten und Mediapläne nachhaltiger zu gestalten. Ergreift sie, appellierte Thomas Koch an den potenziellen Marketing-Nachwuchs der Hochschule Macromedia.

Es war nicht nur ein Vortrag, sondern geradezu eine Brandrede, in der Thomas Koch beim IDOOH Macrosphere Industry Day einen eindringlichen Appell an die Studierenden der Hochschule Macromedia richtete: „Wir brauchen eure Unterstützung, um unabhängige, verantwortungsvolle und nachhaltige Medien zu sichern.“ Dabei betonte er die Verantwortung der Werbebranche, um den Fortbestand unabhängiger Medien und damit die Grundlage demokratischer Werte zu gewährleisten.

Wie hängen Werbung und Demokratie zusammen?

„Zum ersten Mal in der Geschichte des Marketings müssen Werbungtreibende eine Entscheidung fällen, die die gesamte Gesellschaft betrifft“, sagte Koch. Denn die Marketingentscheider haben die Macht, durch ihre Spendings den freien und unabhängigen Journalismus und die Diversität der Medien zu erhalten – als Voraussetzung für die Demokratie. Das Problem: Die Finanzierung unabhängiger Medien durch Werbung ist durch den Budget-Shift hin zu digitalen Plattformen immer mehr bedroht.

Gefährlicher Shift zu den Plattformen

Dazu machte Koch eine Rechnung auf, die zum Nachdenken anregt: Jährlich investieren deutsche Unternehmen fast 26 Milliarden Euro in Werbung (ZAW). Und während diese Spendings bis in die 90er-Jahre in die klassischen Kanäle flossen, sieht das Bild heute anders aus. Denn mittlerweile bekommen digitale Medien die Hälfte des Budgets, mit einem Haken: 70 bis 80 Prozent der Online-Spendings gehen an Plattformen wie Google, Meta, Tiktok & Co. – Unternehmen, die nicht einmal aus Deutschland kommen.

Keine Markenbildung ohne Medienvielfalt

„Wenn das so weitergeht, könnten Prognosen zufolge bis 2040 nur noch 10 Prozent der Werbeausgaben an traditionelle Medien gehen“, sagte der Media-Experte. Die Tech-Giganten würden damit immer reicher und mächtiger. „Dagegen hat die Demokratie keine Chance.“ Das finanzielle Fundament unabhängiger Medien wackelt, und das wäre auch für die Werbungtreibenden ein Problem. Denn ohne unabhängige Medien ist auch keine Markenbildung mehr möglich: „Sie brauchen die Medien für ihre eigene Kommunikation mehr denn je.“ Etablierte Marken hätten in dem düsteren Szenario aber keine öffentlichen Medien mehr als Plattform für ihr Branding. Und würden im schlimmsten Fall ersetzt durch No-Name-Produkte von Amazon, Shein oder Temu. „Kampagnen, die nur in digitalen Medien laufen, funktionieren nicht“, sagte „Mr. Media“. „Denn sie erreichen höchstens die Hälfte der Zielgruppe.“ Die Lösung: Ein Mix aus digitalen und den nach wie vor sehr starken klassischen Kanälen.

DOOH als Nachhaltigkeitsbooster

Auch um Nachhaltigkeit ging es in der flammenden Rede von Thomas Koch – ein Thema, bei dem gerade DOOH mit dem niedrigsten CO2-Fußabdruck im Vergleich zu anderen Kanälen punkten kann. Insgesamt verursacht Werbung ein Prozent des gesamten weltweiten Energieverbrauchs, betrachtet man die gesamte Branche, ist der Impact ähnlich groß wie der des weltweiten Luftverkehrs. Koch: „Im Unterschied zu Krankenhäusern, die riesige Mengen an Energie benötigen, um Menschenleben zu retten, rettet Werbung nichts und niemanden.“

Der Fußabdruck muss also dringend kleiner werden, und dafür sei die Mediaplanung ein entscheidender Hebel: „Medien wie die digitale Außenwerbung (DOOH) oder Audio haben einen geringeren CO2-Ausstoß und können gleichzeitig Reichweite und Effizienz steigern“, erklärte Thomas Koch. „Das nenne ich Win-win.“

Mit eindringlichen Worten forderte der Experte auf dem Industry Day auch mehr Engagement des Marketing-Nachwuchses: „Wir haben nur diese eine Welt, und es liegt in unseren Händen, sie zu retten.“

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