Vom Buchstaben H bis zum R ist es im ABC eigentlich noch recht weit. Mr. Media Thomas Koch schafft den Sprung aber mühelos im folgenden Text – und zwar mithilfe des legendären Marketing-Experten Byron Sharp.
Wenn wir zum letzten Blogbeitrag schrieben, dass der Buchstabe G (Green Media) der wohl wichtigste Buchstabe sei, hieß das natürlich, ich muss mir für H ganz besondere Mühe geben. Ich habe etwas entdeckt, das eure volle Aufmerksamkeit verdient.
„How Brands Grow“ ist das zweifellos bedeutendste Buch, das in jüngster Zeit zum Thema Marketing und Werbung geschrieben wurde. Es stammt vom legendären Professor Byron Sharp und beschreibt seine Studien am Ehrenberg-Bass Institute for Marketing Science an der University of South Australia in Adelaide. Hier gelang ihm erstmals der Nachweis, dass Marketing eine echte Wissenschaft ist.
Von den Disruptionen, die er damit auslöste, haben sich viele Marketingverantwortliche bis heute nicht erholt. Er hat nicht weniger getan, als beispielsweise Markenloyalität, Markenbindungsprogramme, Promotions, Influencer Marketing, Customer Relationship Marketing, Targeting, Modelling, Zielgruppen-Profile und Segmentierungen in Frage zu stellen. Sie seien überschätzt bis unnötig. Starker Tobak also.
Reichweite ist wichtiger als Kontakte
Uns Medialeute hat er gleich mitdisruptiert mit dem Nachweis, dass „Target Marketing“ weder zielführend noch wissenschaftlich haltbar ist und stattdessen „Sophisticated Mass Marketing“ viel mehr Sinn macht. Seine Conclusio: Soll eine Marke wachsen, muss sie jedes Jahr mehr neue Käufer und Verbraucher gewinnen, als sie auf natürlichem Wege zwangsläufig verliert. Das klingt nach Binse, aber wir brauchten offenbar Byron Sharp, um das und die Schlussfolgerungen daraus in voller Tiefe zu begreifen. Mit einfachen Worten: Reichweite ist wichtiger als Kontakte. Punkt. Ohne Ausnahme.
Lässt man das sacken, muss man ihm einfach recht geben. Natürlich sind eine breite Auffälligkeit und Popularität die besten Voraussetzungen für Wirkung. Bob Hoffman lässt grüßen. Ohne Kampagnensichtbarkeit und Awareness kann man sich sein ganzes Media-Geld an den Hut stecken. Ohne Reichweite ist alles lame.
Sharp erwähnt, selbst kein ausgewiesener Mediaexperte zu sein, empfiehlt aber einen strategisch sauber hergeleiteten Media-Mix, um eine möglichst hohe und zugleich kontinuierliche Reichweite zu erzeugen. In der „Digital Revolution“ sieht er immerhin Möglichkeiten, „Relevance“ (hört, hört!) und „Fit“ der Werbung zu erhöhen. Vielleicht sollten die Online-Experten „How Brands Grow“ auch mal lesen.
An Online-Targeting lässt er nämlich kein gutes Haar. Wie wir inzwischen schmerzhaft lernen mussten, ist Targeting ein unerwünschter Eingriff in die Privatsphäre der Menschen, die wir als Kunden eher umgarnen sollten und zu respektieren haben. Das hat Sharp schon 2010 erkannt.
Der nächste Media-Mix wird groß
Kein Wunder, dass so mancher Protagonist im Mediagewerbe die Lehren von Byron Sharp lieber unerwähnt lässt. Mir wäre es ganz recht, wenn sie das auch weiterhin tun. Denn deren Uneinsichtigkeit macht es für die, die aus Sharps Erkenntnissen lernen, leichter, ihre Kampagnen zum Erfolg zu führen. Oder nennt es meinetwegen die Erfüllung der Pareto-Regel.
Was bedeutet das nun alles für die nächste Mediastrategie und den nächsten Mediaplan, den wir zu entwickeln haben? Erstens, dass es Sinn macht, der Wissenschaft und dem gesunden Menschenverstand Vorrang zu geben vor den unzähligen Hypes und Buzzes unseres Geschäfts. Zweitens, am besten kauft man mit dem schwer verdienten Mediageld ein Mix an Medien mit hoher Reichweite und Sichtbarkeit. Am besten Medien mit öffentlicher Sichtbarkeit, die die Awareness richtig schön steigern.
Noch effektiver und effizienter sind nur die Medien, die in der Lage sind – jetzt kommt die Königsdisziplin – auch die Relevanz der Werbebotschaft zu steigern. Relevance and Fit, da sind sie wieder.
Reichweite, Relevanz und der Richtige Augenblick. Does that ring a bell?