Weniger ist oft mehr – diese Devise sollte eigentlich auch für die Werbung gelten. Denn Marken würden dabei sowohl ihre Marketingbudgets als auch das Klima schonen. Und das Ganze ohne Wirkungsverlust! Warum das so ist, zeigt Mr. Green Media Thomas Koch in der neuesten Folge seines einzigartigen Media-ABCs, das beim Buchstaben N sich – natürlich – der Nachhaltigkeit widmet.
Wenn wir in unserem Media-ABC zum Buchstaben N schreiten, kommt mir sofort der Begriff Nachhaltigkeit in den Sinn. Warum? Weil Nachhaltigkeit in einigen der aktuellen Marketing-Trendprognosen für 2025 sehr weit oben steht, bisweilen gar an erster Stelle der wichtigsten To-do’s. Warum das relevant und richtig ist, brauche ich nicht zu betonen. Dafür möchte ich Ihnen etwas erzählen, das Sie vielleicht noch nicht wissen.
Nachhaltigkeit ist laut Wikipedia „ein Handlungsprinzip bei der Nutzung von Ressourcen. Hierbei soll … die natürliche Regenerationsfähigkeit der beteiligten Systeme bewahrt werden, vor allem von Lebewesen und Ökosystemen.“ Ok, das weiß jeder. Das fulminante Wort bedeutet aber auch eine „längere Zeit anhaltende Wirkung“. Das war Ihnen nicht präsent, oder? Lassen wir diese Zweideutigkeit zu, verliert der Begriff mit einem Mal viel von Maja Göpels „unheiligen drei V’s“: Verzicht, Verbot, Verlust.
Selbstverständlich müssen wir den Schaden, den die Werbung durch CO2-Emissionen anrichtet, ausgleichen. Da die Medien sehr unterschiedliche Energiemengen bei der Ansprache ihrer Nutzer verursachen, ist es ein Leichtes, den CO2-Ausstoß einer Kampagne durch Umstellung oder Erweiterung des Media-Mix zu senken. Das hat sich inzwischen herumgesprochen. Das Kürzen eines Spots für TV und Online um nur ein paar Sekunden senkt den klimaschädlichen Energieverbrauch sogar unmittelbar. Auch klar.
Kein Widerspruch: mehr Wirkung durch weniger Werbung
Wie wäre es aber, wenn wir tatsächlich weniger werben würden? Besser könnte man Nachhaltigkeit nicht umsetzen. Angenommen, wir würden auf die Werbung verzichten, die ohnehin nicht wirkt, weil sie zwar Energie verbraucht, aber nachweislich keinen einzigen unserer Zielgruppenmenschen erreicht.
Jeden Monat gibt es tausende TV-Spots, die nicht ein einziger, messbarer Zuschauer sieht. Es gibt jeden Monat Abermillionen bezahlter Ads in Online-Medien, die ausschließlich von Bots „betrachtet“ werden. Bedauerlicherweise hat man Bots inzwischen sogar beigebracht, wie man auf Werbung klickt. Das ist pervers, aber leider ein Teil unserer Werbewirklichkeit. Aber da ist noch viel mehr: Etwa jede fünfte Online-Anzeige wird im nicht sichtbaren Bereich ausgeliefert. Man kann sie nicht wahrnehmen, selbst wenn man sich größte Mühe geben würde.
2 Milliarden sparen oder nachhaltig investieren
Hand aufs Herz: In jedem Medium geben wir jeden Tag Geld aus für Werbung, die nicht wirkt. Und die – Thema Nachhaltigkeit – obendrein noch die Umwelt verpestet. Man muss „nur“ identifizieren, wo diese Werbung landet, wo genau sie zu finden ist. Nur? Geht das denn? Selbstverständlich. Mit der gleichen Präzision, mit der wir digitale Werbung platzieren, können wir auch die Ursachen für Fehlplatzierungen aufdecken. Klingt logisch, ist logisch. Wer das bestreitet, stellt das eigene System infrage.
Über welche Größenordnung reden wir? Wenn wir nur den Onlinemarkt betrachten, über gut und gerne 20 Prozent, die an Bots ausgeliefert werden. Das wären 20 Prozent weniger Emissionen, ohne die Wirkung unserer Kampagnen infrage zu stellen. Und 20 Prozent aus 6 Milliarden Euro, also 1,2 Milliarden Euro, die wir im vergangenen Jahr allein für Display ausgegeben haben. Hinzu kommen 20 Prozent nicht sichtbare Anzeigen. Schon sind wir bei über 2 Milliarden Euro. Von Search und Social ganz zu schweigen.
Sie haben mir folgen können. Oder ist Ihnen, wie mir, auch gerade schwindelig? Was könnte man – außer einsparen – mit diesem Geld anfangen? Man hätte Budget für Employer Branding, für Retail Media, für die DOOH-Kampagne, die man schon immer machen wollte. Man hätte Geld für eine Kampagne, die unseren Käufer:innen erklärt, warum es nachhaltiger ist, hier zu kaufen, als sich Schrott von Temu per Luftfracht aus China einfliegen zu lassen. Ich komme ins Schwärmen …