Spätestens seit dem Siegeszug von Online wuchs Performance zu einem echten Schwergewicht im modernen Marketing heran. Warum dies zu einer Schieflage im Mediabusiness mit oftmals fatalen Folgen für die Marke führt, erklärt Mr. Media Thomas Koch in der neuesten Ausgabe seines einzigartigen Media-ABC.
Kaum eine Technologie hat die Mediabranche stärker verändert als Performance Marketing. Zusätzlich befeuert wurde sie durch die vollständige Automatisierung der Werbeauslieferung, also von Programmatic Advertising. Aber eins nach dem anderen.
Performance hat per se einen positiven Duktus. Wenn Ihr Lieblings-Act in die Stadt kommt und Sie zwei Karten ergattern, freuen Sie sich auf eine unvergessliche Performance. Man denkt bei Performance unweigerlich an Las Vegas. Hier im Marketing bedeutet der Begriff eine Maßnahme, die eine messbare Reaktion hervorruft. So weit, so gut.
Durch die bahnbrechende Arbeit von Les Binet und Peter Field („The Long and the Short of it”) im Jahr 2013 wissen wir, dass 60 Prozent der Marketing-Investitionen in den vorderen Funnel gehören, um Awareness und Marke aufzubauen, während 40 Prozent in den hinteren Funnel zu investieren sind, um Abverkäufe zu stimulieren und somit Performance zu betreiben. Damals war die Werbewelt noch in Ordnung.
Marke und Performance auf der Wippe
Dann gerieten die Dinge jedoch in Schieflage. Man muss sich das vorstellen wie Kinder auf der Wippe. Damit es Spaß macht, sollten die Kinder in etwa das gleiche Gewicht haben. Sitzt jedoch auf der einen Seite ein dicker Junge mit Pickeln im Gesicht und auf der anderen Seite ein kleines Mädchen mit Sommersprossen, befördert der Junge das Mädchen stoßartig in die Höhe und sie bekommt keinen Fuß mehr auf den Boden. Sie vertrocknet sprichwörtlich da oben.
Der dicke Junge in unserem Bild ist die Performance, das zarte Mädchen die Markenpflege. Investiert man zu viel in Performance, vertrocknet die Marke. Sie verwelkt wie eine Blume, die kein Wasser bekommt. Das ist Nike passiert – es kostete den CEO immerhin seinen Job. Also bitte nicht nachmachen.
Da die meisten Marketer und Agenturen die ausgewogene Balance zwischen Branding – also Aufbau und Pflege von Awareness und Marke – und der ebenso begehrenswerten Performance mit den tollen KPIs auf Excel-Sheets nicht beherrschen, brauchen wir neue Erkenntnisse. Dabei kommen die berühmten Key „Performance“ Indicators ins Spiel, die uns helfen sollen, Performance zu messen. Messen sie jedoch so fade Dinge wie Ad Impressions, die weder Einfluss auf die Wirksamkeit der Kampagne haben noch auf das Erreichen der Marketingziele, arbeitet man auf verlorenem Terrain. Wie das Mädchen auf der Wippe.
Der Gordische Knoten des modernen Marketings
Die Balance zwischen Branding und Performance ist so etwas wie der „Gordische Knoten“ des modernen Marketings. Reichweite ist ein Faktor, der eine derartige Brücke zwischen Branding und Performance herstellt. Das bedeutet, dass Medien idealerweise im Upper wie auch im Lower Funnel eine hohe Reichweite erzeugen sollten. Das beherrscht TV in allen Ausprägungsformen von linear bis CTV ebenso wie Außenwerbung von OOH bis DOOH. Online ist hingegen hinten stark und vorne relativ schwach. Stellen Sie Ihre Agentur auf die Probe, ob sie den gordischen Media-Knoten beherrscht.
Programmatic will nun mittels Software die optimale Performance aussteuern. Programmatic Performance wurde ursprünglich für die Onlinewerbung erfunden, hat aber inzwischen selbst DOOH, Kino und Print erfasst. Während hier keine Safety-Probleme entstehen können, müssen Sie bei Online höllisch aufpassen, wohin die Software Ihre Werbung ausliefert. Sonst finanzieren Sie mit Ihrer Werbung Kriminelle – und das bekommt wiederum Ihre Performance teuer zu stehen.
Ich wette, Sie kriegen das Bild vom dicken, pickeligen Jungen und dem süßen, sommersprossigen Mädchen auf der Wippe nicht mehr aus dem Kopf. Es soll Sie stets daran erinnern, immer eine ausgewogene Balance zwischen Branding und Performance zu suchen. Und bei den KPIs nur solche zuzulassen, die nachweislich Einfluss auf die Wirkung Ihrer Kampagne und das Erreichen Ihrer Ziele haben.