Kochs Media-ABC: Q wie Qualität vs. Quantität

Was zählt mehr: Reichweite oder Wirkung? In der Werbung ist diese Frage entscheidend – und emotionaler, als man denkt. In der aktuellen Folge seines einzigartigen Media-ABCs begibt sich Mr. Media Thomas Koch auf sehr dünnes Eis und nimmt uns mit auf eine Spurensuche zwischen nackten Zahlen, Emotionen und echter Media-Qualität.

Kann man sich auf dünneres Eis begeben, als über Media-Qualität zu fachsimpeln? Ich versuch’s trotzdem. Media ist der Teil der Werbung, der vermeintlich durch und durch berechenbar ist. Hier leben die Zahlen-Fuzzis. Bei der Einstellung von Mediaexperten erwartet man „Fundierte Kenntnisse im Management von Garantie-KPIs“, mindestens aber Zahlenverständnis. Quantität und Qualität stehen im täglichen Wettstreit miteinander.

Versuchen wir eine Abgrenzung. Quantität ist der Job to be done. Ob er gut gemacht wurde, ermitteln wir anhand von Quantitäten, an Zahlen und KPIs. Es ist aber die Qualität, die darüber hinaus Emotionen auslöst. Wir berühren Menschen auf eine positive Weise. Dies mit Zahlen abzubilden, ist nie wirklich gelungen. Schauen wir, ob diese Unterscheidung funktioniert.

Maybach vs. Toyota

Wir fahren zum Termin und werden am Bahnhof abgeholt. Der Fahrer fährt mit einem Maybach vor und erklärt, dass sie diesen Wagen bei besonderen Kunden einsetzen. Sogleich fühlt man sich groß und wertgeschätzt. Die Qualität dieses „Kontakts“ und des Augenblicks ist hoch. Ein Toyota, der für verlässliche Quantität steht, hätte uns auch ans Ziel gebracht. Aber nicht mit dieser unvergesslichen Qualität.

Anderes Beispiel. Ein älteres Paar betritt den Bahnhof für eine Reise zu den Enkeln. Sie sehen die riesigen Plakate von Ritter Sport und merken, dass der ganze Ort von der Marke hochwertigst mit verschiedensten Touchpoints dominiert wird. Er zu ihr: „Lass mal deine hartgekochten Eier stecken, ich hab jetzt Lust auf eine leckere Tafel Ritter Sport.“ Qualität und Quantität haben überzeugt.

Als Ströer Holz-Plakate durch hochwertige, beleuchtete Alu-Plakate ersetzte, als Wall die Düsseldorfer Kö mit digitalen Premium-CLPs bestückte und Hygh die berühmten, aber in die Jahre gekommenen Vitrinen auf dem Ku‘damm ersetzte, lösten sie jedes Mal Begeisterung und neue Nachfrage aus. Hier sticht Qualität offensichtlich die zuvor erlebte Quantität.

Früher platzierte man Kampagnen in den hochwertigsten Zeitschriften, die es im Markt gab: in Stern, Spiegel, Zeit-Magazin. Sie waren der Media-Thron, auf den man seine Kampagne setzte. Der Mehrpreis war es Kunden wert, auf diesem Qualitäts-Niveau in den Wettbewerb um Aufmerksamkeit zu treten. Was ist die Entsprechung heute? Höchste Aufmerksamkeit und Öffentlichkeit liefern hochpreisige Länderspiel-Platzierungen im Live TV und hochwertige Premium-Touchpoints der Außenwerber. Fasziniert stehen Menschen vor den 3D-Installationen der DOOH-Werber.

Das Auge der Zielgruppe entscheidet

Qualität ist aber individuell und liegt immer im Auge des Betrachters, der Zielgruppe. Wenn eine Frau am Kiosk vier Yellow Press-Hefte kauft, um sich mit ihnen und einem Kaffee auf der Couch niederzulassen, schafft sie für sich ein einzigartiges Wohlfühl-Setting für ihre Me-Time. Uns mögen die Zeitschriften qualitativ minderwertig vorkommen, für unsere Zielperson sind sie in diesem Moment Gold wert.

Wir erkennen, dass Qualität oft, aber keinesfalls immer teurer sein muss. Es ist eher eine Frage der Empathie, ob es gelingt, Emotionen bei der Zielgruppe auszulösen und die Menschen zu berühren. Wenn das allerdings gelingt, haben wir einen Kontakt von unschätzbarem Wert geschaffen. Wir können nur nicht exakt berechnen, wie hoch der Wert ist, den wir erzeugen.

Mit Quantität macht man bei Mediaauswahl und Mediaplanung keine Fehler. Man erreicht aber nur einen Standard. Die Wirkung ist durchschnittlich. Mit Media-Qualitäten hebt man die Kampagne auf einen Thron und zeigt der Zielgruppe, dass man sie wertschätzt. Sie dankt es mit gesteigerter Aufmerksamkeit und – mit Mehrumsatz. Ein fairer Deal.

Das Beste daran: Qualität macht Spaß. Uns als Mediaplaner, unseren Werbekunden und – viel wichtiger – der Zielgruppe. Wer das Gefühl einmal erlebte, will nie wieder darauf verzichten.

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