Standbild statt Storytelling

Viele DOOH-Kampagnen wirken wie Plakate mit animierter Schrift – mehr nicht. Dabei bietet das Medium weit mehr kreative Spielräume. Wir haben mit Frederik Hofmann gesprochen, Gründer und Geschäftsführer der Kreativagentur Motor Kommunikation, was gute Außenwerbung wirklich ausmacht.

„Gute Kreation ist nicht bloß Unterhaltung – sie bleibt hängen und bewirkt etwas“, sagt Frederik Hofmann. Als CCO führt er die Agentur Motor Kommunikation zusammen mit seinem Co-Inhaber und CEO Volker Jensen. Zugleich ist Hofmann Mitglied im Art Directors Club (ADC). Wenn sich jemand mit Außenwerbung auskennt, dann er. Für ihn ist klar: Auch bei DOOH zählt vor allem die Idee – sie ist das Fundament jeder starken Kampagne. „Aber ohne gutes Handwerk bringt die beste Idee nichts“, ergänzt er. Es laufe schon sehr viel richtig, wenn die Idee dann den Gestaltungsregeln für diesen Werbekanal folge. „Wenn eine Idee schon nicht so gut ist, sollte sie wenigstens gut aussehen“, so der Agenturgründer. Dagegen sei eine gute Idee, die schlecht umgesetzt ist, am Ende ein schlechtes Ergebnis. Ein Beispiel, das ihm im Gedächtnis blieb: Ein animiertes Plakat eines Schokoladenherstellers zeigte den Slogan „Kinderarbeit im Kakaoanbau beenden“. Doch das entscheidende Wort „beenden“ war durch ein parkendes Auto verdeckt – die Headline wirkte komplett entstellt. Für Hofmann ein Lehrbeispiel, warum Kreation und Umfeld immer zusammengedacht werden müssen.

Der Kreative liebt DOOH, stellt aber bei Fahrten durch Berlin oft fest: Viele Spots sind kaum mehr als „Standbilder mit Bewegung in der Typo“. Sein Wunsch: „Ich wäre schon dankbar, wenn bei einem Shampoo-Spot wenigstens die Haare wehen würden.“ Für ihn steht fest: Kunden, Agenturen und Vermarkter schöpfen das Potenzial des Mediums noch längst nicht aus, teils aus Sorge um die Kosten, teils aus mangelnder Kommunikation zwischen Kunde und Agentur. „Dabei wäre es die Extrameile wert“, sagt Hofmann.

Frederik Hofmann, Motor Kommunikation.

Mehr Mut zur Idee – weniger Angst vor Technologie

Stattdessenplädiert Hofmann für mehr Mut zur Kreativität, gerade auch im Zusammenspiel mit Technik. Es muss nicht gleich datengetriebenes High-End-Targeting sein. Eine Kampagne von Scholz & Friends für McDonald’s während des Ramadans hat ihn beeindruckt: Tagsüber wurden leere Pommesboxen gezeigt, nach Sonnenuntergang waren sie gefüllt. Eine kleine, aber starke Idee mit Respekt gegenüber der Zielgruppe – und großem emotionalen Effekt. „Solche Botschaften überraschen, weil niemand von einem Massenmedium Individualisierung erwartet – und genau deshalb wirken sie“, sagt Hofmann, der unter anderem für Netflix, Jet Tankstellen und Comedy Central arbeitet.

Wie viel kreative Power im Zusammenspiel mit Daten steckt, zeigt für ihn auch eine Kampagne von British Airways (BA): Auf dem Screen am Piccadilly Circus erschien ein Kind, das beim Vorbeiflug eines echten Flugzeugs des National Carriers nach oben zeigte – samt Anzeige von Flugnummer, Ziel und Buchungshinweis für günstige Flüge mit der BA. Hier wurden zwei Parameter eingesetzt, die die Botschaft ausgelöst haben – Live-Daten zum Flugverlauf sowie die entsprechenden Wetter-Daten. Die Szene lief nämlich nur bei wolkenlosem Himmel, also immer dann, wenn man den Flieger auch sehen konnte. „Daten eröffnen viele neue Möglichkeiten, kreativ mit DOOH umzugehen“, so Hofmann.

Echtzeit-Kampagnen mit Humor und Relevanz

Für seinen Kunden Wolt setzte Hofmann zur Fußball-EM letzten Sommer auf DOOH in Echtzeit. Schlank animierte Motive spielten direkt auf Spielergebnisse an: Nach dem 1:2 gegen Spanien hieß es für Deutschlandfans „Padron!“ – garniert mit dem passenden Gericht Piementos de Padron. Weitere Beispiele: „Food Bowl’s coming home“ oder „You never eat alone“. Die Headlines waren kreativ, aktuell und auf den Punkt – und zeigen, wie Timing und Relevanz DOOH-Kampagnen enorm aufwerten können.

Und dann ist da noch KI: „Generative Tools wie ChatGPT oder der Bildgenerator Flux haben in den vergangenen Wochen große Entwicklungssprünge gemacht“, sagt Hofmann. Sie erweitern die kreative Toolbox enorm – und machen Kampagnen zugleich günstiger. „Früher hätte man für eine Motivserie ein mehrtägiges Shooting gebraucht. Heute geht das in Stunden“, sagt Hofmann. Besonders für kleinere Kunden ist das ein Game Changer. „KI gibt uns ganz neue Möglichkeiten für gute und wirksame Kommunikation.“

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