Ein Nachwuchs-Team der Agentur Sommer & Goßmann holte Gold beim DCC YoungSTARS-Award 2024. Im Zentrum des 10-Sekünders steht das noch wenig bekannte Handzeichen für Gewaltbetroffene.
Mit einer Milliarde Brutto-Kontakten mindestens einem Menschen in Not zu helfen – das ist das Ziel der Gewinnerkampagne „Eine Hand spricht, wenn Worte versagen“ des DCC YoungSTARS-Awards 2024, die seit dieser Woche bundesweit ausgestrahlt wird. Den Anstoß, sich für den Nachwuchs-Wettbewerb der DOOH Creative Challenge zu bewerben, kam von einer Partneragentur. „Als wir davon hörten, war schnell klar, dass wir die Creative Challenge des IDOOH annehmen wollen“, sagt Amelie Braun, Junior Marketing & Communication Managerin bei der Aschaffenburger Agentur Sommer & Goßmann, die sich auf Media Management spezialisiert hat und ihren Fokus auf Omnichannel-Planungen legt. Zum Kunden-Portfolio zählen unter anderem Netto und Decathlon.
Ein Zeichen bei häuslicher Gewalt
Das Brainstorming brachte das Team auf die Idee, häusliche Gewalt zu thematisieren. Als die sechs Jung-Kreativen bei der Geschäftsführung vorsprachen, erteilte diese sofort „grünes Licht“. „Unsere Chefs unterstützen uns sehr, wenn es um Schulungen oder Projekte wie dieses geht. Sie haben die Anmeldegebühr übernommen und uns die erforderliche Zeit zur Verfügung gestellt“, erzählt Amelie Braun. Sie und ihre fünf Mitstreiter:innen Maike Meissner, Vivien Rodrigues Sampaio, Lara-Sofie Lurz, Rebecca Horch und Leon Friebel legten sofort los.
In einem ersten Schritt entstand ein Video über häusliche Gewalt, das eine Frau mit blaugeschminktem Auge zeigte. Am Ende fanden die sechs es doch zu schockierend und im Straßenverkehr möglicherweise zu irritierend. Sie wollten jedoch von dem ursprünglichen Thema nicht abrücken, so reifte die Idee zum Spot mit der Einhand-Geste, die Menschen im Notfall einsetzen können, ohne ein Wort zu sagen.
Der Hilfe-Code entstand im Corona-Lockdown
Dieses besondere Handzeichen, das „Signal for help“, ist in den USA deutlich bekannter als in Deutschland. Schlagzeilen gemacht hatte dort der Fall eines Mädchens, das in ein Auto gezerrt und entführt wurde. Die 16-Jährige konnte gerettet werden, weil sie einen Passanten mit der Geste auf sich aufmerksam machte. Ursprünglich wurde das Zeichen für Frauen entwickelt, die häusliche Gewalt erleben und Hilfe brauchen. Eine kanadische Frauenrechtsbewegung hat die Notfallgeste während des ersten Corona-Lockdowns entwickelt. Durch diesen stummen Hilfe-Code können Opfer diskret auf sich aufmerksam machen, wenn sie gerade nicht laut sprechen können, weil die Person in der Nähe ist, von der die Gewalt ausgeht. Das funktioniert so: Man hebt eine Hand vor den Körper, sodass das Gegenüber die Handfläche sehen kann. Der Daumen wird geknickt, bis er an der Handinnenfläche liegt. Die restlichen Finger der Hand werden langsam über den Daumen gelegt, sodass eine Faust entsteht.
Produziert wurde der Spot im hauseigenen Fotostudio. Nach der erfolgreichen Einreichung im April folgte ein langes Warten bis zur Preisverleihung im September, bei der schließlich der Gold-Gewinn verkündet wurde. Die Jury war, soviel darf verraten werden, sogleich begeistert von der Idee: „Hier wird eine stumme Geste auf einem stummen Medium bekannt gemacht, und das auch noch im öffentlichen Raum, wo Frauen häufig Hilfe brauchen – einen besseren Fit zwischen der transportierten Botschaft und dem Medium kann es nicht geben!“
Ab dieser Woche wird der Spot bundesweit auf DOOH-Screens an den unterschiedlichsten Touchpoints wie Flughäfen, Bahnhöfen, ÖPNV, Einkaufszentren, Supermärkten, Universitäten, Wartezimmern, Apotheken, Fitnessstudios, Bürogebäuden, Fußgängerzonen, Straßen und vielen mehr ausgespielt. „Es ist überwältigend, den Spot an so vielen Orten zu sehen. Was wir erreicht haben, fühlt sich irgendwie surreal an. Gleichwohl hoffen wir, dass niemand in Not kommt und diese Geste anwenden muss“, so die junge Kreative Braun. Und was, wenn doch? Die Polizei empfiehlt, den Betroffenen kurze Fragen zu stellen, die leicht mit „Ja“ oder „Nein“ zu beantworten sind. Beispielsweise: „Soll ich eine Schutzstelle in deinem Namen kontaktieren?“ oder „Soll ich die Polizei rufen?“ Dabei ist es wichtig, dass der Täter oder die Täterin nicht Mithören oder Mitlesen kann, um dem Opfer Schutz zu gewähren.
Die Notfall-Geste kann Leben retten
Solche Hilfe-Codes können echte Lebensretter sein – aber nur, wenn andere Menschen sie auch kennen und verstehen. Dafür braucht es eine ausreichende Verbreitung. Deshalb freut sich das Team, dass die Kreativ-Idee über das Werbemittel DOOH ausgespielt wird, da es eine enorm hohe Reichweite erzielt. „Der Spot wird so lange laufen, bis er eine Milliarde Brutto-Kontakte erreicht hat. Das ist der Preis, den das IDOOH ausgelobt hat“, erklärt Amelie Braun. Das entspreche einem Mediawert von acht Millionen Euro. „Wir hoffen, dass die Kampagne eine lange Präsenz hat und im Unterbewusstsein der Menschen hängenbleibt. Wenn wir nur einer einzigen Person dadurch helfen können, dann haben wir unser Ziel erreicht.“