Digitale OOH-Werbung, die auf die Personen vor dem Screen abgestimmt ist: Auf der Dmexco zeigte 7Screen, welche Möglichkeiten im Facetracking stecken (Foto © SevenOne Media GmbH/ Willi Weber).
Traditionell zählt der Stand von ProSieben zu den gefragteren Adressen auf der Dmexco. Das liegt an seiner guten Lage am Eingang zur Halle 8, an seinem Programm, dem VIP-Faktor (den ein TV-Konzern nunmal ausstrahlt) und an seiner beinahe legendären Standparty. Am Abend des ersten Messetages herrscht dort deshalb besonderes Gedrängel, weil im Rahmen einer Vor-Wiesn-Party reichlich Bier ausgeschenkt wird und offenbar viele Besucher das dringende Bedürfnis verspüren, sich mal über andere Themen als über Digitale Transformation oder Künstliche Intelligenz zu unterhalten.
In diesem Jahr demonstrierte der Medienkonzern zudem, wie die nahe Zukunft der digitalen Außenwerbung aussehen könnte. 7Screen, der zum Unternehmen zählende Digital-Out-of-Home-Vermarkter, hatte am Rande des Standes drei Stelen aufgebaut. Auf deren Screens liefen Spots von Werbekunden wie Peek & Cloppenburg, ebay, S. Oliver u.a., die sich daran orientierten, wer davor stand. Waren mehr Frauen vor einer Stele, liefen Spots, die die weibliche Zielgruppe ansprachen. Hatten mehr männliche Besucher Blickkontakt zum Screen, kamen männerspezifische Spots zum Einsatz. Jede der Stelen agierte dabei eigenständig.
Möglich macht diese technische Innovation ein Facetracking-Modul der Firma Adpack, das am oberen Rahmen des Screens anmontiert ist und das die Gesichter der Besucher in einem Umkreis von mehreren Metern live erfasst. Mit einer Wahrscheinlichkeit von mindestens 95 Prozent erkennt die Software das richtige Geschlecht, sobald sich das Gesicht dem Screen zuwendet. Dann wird diese Information an die Plattformen von Virtual Minds, dem AdTech-Spezialisten von ProSiebenSat.1, weitergereicht. Über dessen SSP und DSP werden daraufhin die dazu passenden, hinterlegten Kampagnen ausgeliefert. Dies alles geschieht in Sekundenbruchteilen.
„Mit dem Live-Case zeigen wir, welche technischen Möglichkeiten digitale Screens im Out-of-Home-Bereich bieten“ sagt Jan Schwark, Geschäftsführer von 7Screen. Neben der gezielten Aussteuerung ist vor allem das Reporting interessant. Der Kunde kann auf seinem Smartphone quasi im Livemodus checken, wie oft jeder einzelne Spot ausgestrahlt wurde und wie viele Personen er damit erreicht hat.
Und das ist erst der Anfang. Die Software von Adpack kann auch das Alter der erfassten Personen bis auf fünf Jahre genau schätzen und sogar Emotionen erkennen. Diese werden den Kategorien happy, sad, surprised oder angry zugeordnet. Theoretisch ist es also möglich, Spots zu zeigen, die sich nicht nur an dem Geschlecht der Personen orientieren, sondern auch an deren Alter und Gemütslage. In einzelnen Filialen der Deutschen Post werde damit bereits experimentiert, so Ralph Razisberger, Geschäftsführer von IDA Indoor Advertising (Adpack).
Trotz dieser Möglichkeiten bleibe DOOH auch künftig ein One-to-Many-Medium, betont Jan Schwark. Zudem sei der Einsatz nur in speziellen Fällen sinnvoll, könnte aber dann eine Kampagne deutlich verfstärken. An Bahnhöfen beispielsweise, wo sich ständig gemischte Personenkreise vor den Screens bewegen, ist so ein Facetracking wenig zielführend. In Shoppingmalls dagegen könnte die Wirkung von DOOH damit gesteigert werden.
Es dürfte also nur noch eine Frage der Zeit sein, bis einzelne Stelen mit dem Facetracking-Modul aufgerüstet werden.