Nachhaltig werben: Geht das überhaupt?

Für Nachhaltigkeit wird viel geworben. Aber lassen sich auch klimaneutrale Kampagnen realisieren? Erste Angebote gibt es. Sie umfassen Planung, Buchung und Umsetzung. Auch im Bereich DOOH (Bild: Skitterphoto).

Rein wirtschaftlich gesehen, mag der Handel mit Weihnachtsbäumen eine Petitesse sein. Doch für mindestens jeden zweiten Deutschen ist der Kauf vor Heiligabend eine traditionell wichtige Amtshandlung. Baum aussuchen, Preise vergleichen, nach Hause schleppen und anschließend sturzsicher irgendwo im Wohnzimmer aufbauen. In den vergangenen Jahren hat sich dabei gezeigt: Der Öko-Aspekt wird wichtiger. Soeben hat eine Umfrage ergeben, dass etwa zwei Drittel der Menschen, die sich einen Christbaum zulegen, auf Nachhaltigkeit achten. Beliebteste Variante ist dabei, sich einen Baum zu kaufen, der in den umliegenden Wäldern großgezogen wurde.

Kein Zweifel, Themen wie Nachhaltigkeit, klimaneutrale Produktion oder ein fairer Handel beschäftigen die Menschen. Und das nicht nur zur Weihnachtszeit. Aktuelle Umfragen der großen  Beratungsgesellschaften Capgemini oder KPMG belegen, dass Verbraucher zunehmend auf umweltfreundliche Produkte achten und auch bereit sind, hierfür einen Aufpreis zu zahlen. An dieser Einstellung konnte bislang auch die Corona-Pandemie nichts ändern. Im Gegenteil: Erste Befragungen weisen darauf hin, dass durch die Krise das Bewusstsein für die Umwelt eher noch zugenommen hat.

Nachhaltigkeit ist für große Konzerne, aber auch für kleine Firmen damit ein Schlüsselfaktor für den künftigen Unternehmenserfolg. Dabei geht es nicht nur darum, bestimmte Zielgruppen und deren Präferenzen bedienen zu können. Sondern auch, kompetente Mitarbeiter an das Haus zu binden, die sich mit den üblichen Greenwashing-Aussagen von Unternehmen nicht mehr zufriedengeben wollen. Allmählich schwappt diese Erkenntnis auch auf die Werbebranche über. Als Vorreiter gilt die Agentur Scholz & Volkmer, die bereits vor zehn Jahren die eigene CO2-Bilanz analysiert und kompensiert hat und sich somit als glaubwürdiger Partner empfiehlt. Inzwischen folgte auch die größte Agentur Deutschlands. Serviceplan startete kürzlich die „WeGreen-Initiative“ und versprach, noch in diesem Jahr alle Standorte in Deutschland klimaneutral zu betreiben. Im nächsten Jahr sollen die übrigen, weltweiten Niederlassungen folgen.

Media4Planet: Ein Jahr bis zum ersten Kunden

Wie stark das Interesse der Kommunikationsbranche an diesem Thema ist, zeigte sich bereits auf den Medientagen in München im Herbst vor einem Jahr. Damals präsentierte Peter Christmann in einem überfüllten Nebensaal des Kongresses seine Initiative Media4Planet. Das Prinzip: Das Start-up verkauft Werbeflächen an Unternehmen, die auf die Klimaziele der Vereinten Nationen einzahlen und in ihrer Werbung darauf hinweisen. Es dauerte allerdings ein geschlagenes Jahr, bis auch der erste Werbungtreibende gefunden wurde, der sich darauf einließ: In seiner Herbstkampagne warb Vaillant für seine klimafreundliche Heizung.

Im Bereich Out of Home kann sich die Agentur Weischer.JvB auf die Fahne schreiben, Trendsetter zu sein. Seit Juli bietet das Unternehmen unter dem Namen Weischer.Green die Durchführung klimaneutraler Out-of-Home Kampagnen an. Als Berechnungsgrundlage dient ein Tausender-Kontakt-Emissionswert (TKE), der den CO2-Austoß einer Kampagne ins Verhältnis zur Reichweite setzt. Um diesen Wert so niedrig wie möglich zu halten, ermittelt Weischer.JvB im ersten Schritt die Emissionen des geplanten Werbeauftritts. Anschließend wird die Kampagne nachhaltig ausgesteuert, wozu beispielsweise die Auswahl umweltfreundlicher Werbeträger zählt. Schritt drei zielt darauf ab, den nicht reduzierbaren CO2-Abdruck durch eine Investition in Umweltprojekte zu kompensieren. Als erster Kunde machte der Öko-Anbieter Entega von diesem innovativen Media-Angebot Gebrauch. Inzwischen wurden auch Kampagnen für Carl Knauber (Do-it-yourself-Märkte) und den Rheinland-Pfälzischen Rundfunk umgesetzt. Insgesamt konnten damit 75 Tonnen CO2 kompensiert werden. Was die Auswahl umweltfreundlicher Werbeträger betrifft: Hier kann die Branche inzwischen auf ein wachsendes Angebot zugreifen. Dazu zählen Wartehallen mit begrüntem Dach. Das zieht Bienen und Insekten an, bindet Feinstaub und CO2 und speichert Regenwasser, das nicht versickert, sondern verdunsten kann. Dazu zählen auch Riesenposter, deren Oberfläche eine spezielle Carbonschicht aufweist, die verschmutzte Moleküle absorbiert und somit die Luft säubert. Oder Plakatrahmen, deren Beleuchtung mit Solartechnik arbeitet.

Greenamber: Klimaneutrales DOOH-Netz

Das bislang aktuellste Engagement kommt aus dem DOOH-Bereich. Die Berliner Agentur Ambermedia bietet ab kommendem Jahr nur noch klimaneutrale Kampagnen an. Ähnlich wie Weischer.JvB errechnet Ambermedia für alle gebuchten Kampagnen einen CO2-Abdruck. Im Gegenzug investiert die Agentur in klimaausgleichende Projekte. Im Rahmen der „Greenamber“ bezeichneten Initiative stellt die Agentur auch gleich ihr gesamtes DOOH-Netz auf Klimaneutralität um. Die batteriebetriebenen Videoscreens werden mit Ökostrom geladen. Und die LED-Trucks der Firma sollen ab nächstem Jahr mit Solarstrom betrieben werden. Fahrräder sollen solarbetrieben Videopanels erhalten.

Erste, ökofreundliche Rahmen für Kampagnen existieren also. Bleibt abzuwarten, wie viele Werbungtreibende diese Angebote nutzen. Oder ob sie daran sparen. Denn durch Corona wird so mancher Etat in 2021 geringer ausfallen als ursprünglich geplant.

Diesen Post teilen

The North Face-2
Google_DOoH-Zeitgeist_Visual-4