Die beiden Gattungen gehören zu den großen Gewinnern des Werbejahres 2024. Was beide verbindet: Sie sind immer da zu finden, wo der Konsument nicht weit entfernt ist. Wie sich zwei Wachstumsmärkte gegenseitig inspirieren.
Wer heute durch die Stadt läuft oder einen Supermarkt betritt, begegnet einer stetig wachsenden Zahl digitaler Kontaktpunkte. Im Idealfall erscheinen Botschaften draußen auf großen Digital-Out-of-Home-Flächen und wenige Minuten später – als Teil einer durchdachten Dramaturgie entlang der Customer Journey – wieder auf Screens im Markt. Wie Marken diese neuen Möglichkeiten strategisch nutzen können, darüber sprachen im Rahmen der ersten Jahreskonferenz des IDOOH Christian Raveaux, Director Retail Media Connect bei der REWE-Group, Armin Nusser, Director Retail Media bei der LAYA Group und Maximilian Werner-Hentrich, Head of Marketing von VIEWENTO, einem Partner von EDEKA. Laura Hentschel, Geschäftsleitung Programmatic bei der Agentur IT Works, vertrat die Position der Werbungtreibenden.
In einem Punkt waren sich die vier Panelisten sogleich einig: Durch die Verknüpfung von Instore Retail Media mit Public DOOH – also digitalen Screens im urbanen Raum – werden Marken auf dem Weg zum Markt draußen und schließlich auch drinnen sichtbar. Die Wiedererkennung steigt, die Customer Journey wird durchgängiger. „Das fördert den Umsatz und steigert die Impulskäufe“, sagt Christan Raveaux von REWE. Beide Kanäle ergänzen sich gut, da sie unterschiedliche Phasen der Kundenreise abdecken: Retail-Platzierungen punkten am Point of Sale – unterfüttert mit Performance-Zahlen direkt aus dem Kassensystem – sie sind der USP der Handelsunternehmen. Digitale Außenwerbung wiederum überzeugt als eines der letzten echten Massenmedien – reichweitenstark, feinmaschig aussteuerbar und datenbasiert. „Wer heute noch in Silos denkt, verliert die Chance auf echte Relevanz im Kaufmoment“, ist sich Laura Hentschel von IT Works sicher. „Für endemische und nicht endemische Brands gilt: Der Kontakt im Konsumumfeld ist mindestens so wertvoll wie der im öffentlichen Raum und sollte daher immer Teil einer Gesamtkampagne sein“, ergänzt Armin Nusser.
Retail Media: Für viele ein unübersichtliches Feld
Für die Agentur IT Works ist Retail Media ein spannender Wachstumsbereich – aber auch ein „unübersichtlicher“, wie Laura Hentschel findet. Hier wäre von Seiten der Retailer mehr Standardisierung und Harmonisierung in den Angeboten wünschenswert. „Wir haben sehr viel Unruhe im Markt. Es gibt viele Anbieter und viele Vermarktungskonzepte“, so Hentschel. Die Folge: Für Werbetreibende ist es schwer, den Überblick zu behalten, denn die fragmentierte Vermarktung – teils exklusiv, teils mehrfach – erschwert den Zugang. Hentschel führt das aus: Vom Screen im Eingang wie bei REWE oder Edeka, beispielsweise durch die REWE Group und INOVISCO, Screens in der Edeka Obstabteilung von CITTADINO oder der Möglichkeit, einen letzten Call to Action zu setzen, indem Spots über Marketing of Moments auf einem Screen im Kassenbereich ausgespielt werden. Hier setzt It Works an. „Es ist unsere Aufgabe als Agentur, das zu filtern“, sagt Hentschel.
Auch Christian Raveaux von der REWE Group beobachtet die Entwicklung mit gemischten Gefühlen: „Die Flut hebt alle Schiffe. Aber wenn Werbetreibende einen Cut machen, haben vor allem kleinere Anbieter ein Problem“, so der Experte. Armin Nusser von der LAYA Group zieht eine Parallele zu den Nullerjahren, als noch jeder Verlag selbst vermarktete: „Heute läuft alles über Aggregatoren. Das muss bei Retail Media auch passieren“, so Nusser.
Markenwirkung statt Performance-Zwang
Für Maximilian Werner-Hentrich von VIEWENTO ist aber auch der Standort entscheidend: „An der Kasse haben wir eine hohe Verweildauer – ein ideales Umfeld für Markenaufbau“, sagt Werner-Hentrich, der Edeka-Märkte dabei unterstützt, ihre Verkaufsflächen bestmöglich zu nutzen und digitale Lösungen effektiv einzusetzen. Er gibt aber auch zu bedenken: „Viele Screens im Laden werden noch unterschätzt.“ Vor allem der Bereich hinter der Kasse bietet in der Runde viel Diskussionsstoff. Nusser bezeichnet ihn als „letzte Meile im Konsumumfeld“ und Hentschel als „underrated“. Doch wer an diesem unterschätzten Standort Erfolg haben möchte, müsse ein paar Punkte beachten. „Wenn ich auf einem Kassenbildschirm eine Rabattaktion für Bananen sehe, dann ist das verschenkt“, so Hentschel, denn niemand laufe dann nochmal zurück. Stattdessen sei das genau der richtige Ort, um beispielsweise die Angebote von der kommenden Woche zu bewerben. Ihr Plädoyer: „Mehr Kreativität, mehr Storytelling, um eine bessere Verbindung zwischen DOOH und Retail Media zu erreichen“, so die Expertin. Sie meint, große Kampagnen sollten draußen im Laden weiterlaufen, der Touchpoint sei ja da. „Tatsächlich ist es für uns und unsere Kunden eigentlich gar keine Frage. Wir denken nicht in diesen Kanälen, sondern in Touchpoints. Natürlich verlängern wir eine Drive-to-store-Kampagne auch im Laden oder auf digitalen Inventaren“, sagt Hentschel. Für Christian Raveaux spielt das passende Creative ebenfalls eine große Rolle. „Es sollte keinesfalls überladen sein.“ Es sei auch dank Dynamic Creative Optimization (DCO) möglich, das Werbemittel automatisch anzupassen. „Das wird aktuell aber noch wenig genutzt“, bedauert der REWE-Manager.
Von Pepsi bis Payback
Auch die Verbindung mit Social Media verspricht weiteren Ausbau. Laut Raveaux zeigen erste Case Studies, wie es geht: REWE verlängerte kürzlich eine Social Media TikTok-Kampagne für ein neues Pepsi-Produkt direkt an den POS. „Das klappt natürlich noch besser, wenn wir wissen, wer vor dem Bildschirm steht.“
Zielgruppen präzise zu modellieren, da helfen Loyalty-Daten – etwa durch Programme wie Payback, wovon nun VIEWENTO profitieren könnte, da das Bonus-Programm seit Januar Partner von EDEKA ist. Der Lebensmitteleinzelhändler bietet seit Anfang 2025 ein bundesweites Instore-Retail-Media-Angebot, das auf über 3.500 digitale Screens in rund 2.000 Märkten ausgespielt werden kann. Mit dem Retail-Media-Angebot will EDEKA Werbetreibenden zusätzlich umfassende Reportings und detaillierte Analysen – auf Basis von Abverkaufsdaten aus den Märkten – liefern.
FAZIT
Retail Media und DOOH wachsen zusammen. Wer diese Verbindung klug nutzt, erreicht Konsumenten genau dort, wo sie am empfänglichsten sind – kurz vor dem Kauf, am Point of Purchase.