Was als Seminararbeit an einer fränkischen Design-Hochschule begann, endete schließlich mit dem 1. Platz bei den DCC YoungSTARS 2023, dem Nachwuchswettbewerb der DOOH Creative Challenge. Wir skizzieren die spannende Story hinter dem ziemlich außergewöhnlichen Projekt.
Wenn die Zukunft auf dich zufliegt, dreidimensional und von dir selbst programmiert, auf einem 21 mal 14 Meter großen Screen mitten im Herzen einer pulsierenden asiatischen Metropole, dann ist so ziemlich alles richtig gut gelaufen. Genau das haben neun Studierende der Hochschule Ansbach vor gut einem Jahr erlebt: Nicht nur, dass im November 2022 ihre 3D-Animationen zwei Tage lang über die riesige LED-Fläche des Ten-Square-Gebäudes im Zentrum von Singapur flimmerten. Zur Freude der Nachwuchskreativen durften sie bei der Ausstrahlung ihrer Werke auch noch live vor Ort dabei sein.
Dem nicht genug: In diesem Herbst folgte schließlich als krönender Abschluss auch noch der Gewinn der DCC YoungSTARS bei der DOOH Creative Challenge 2023. Denn mit ihren hochprofessionellen 3D-Animationen überzeugten Maximilian Hammelmann, Markus Kenderes, Nicole Klaus, Shaina Milde, Minh Nguyen, Lucas Ott, Christian Scherzer, Johannes Schmidl und Cem Ünaldi auch die DCC-Jury auf ganzer Linie. „Handwerklich exzellent, technisch auf hohem Niveau, dazu sehr kreativ und hochwertig – Chapeau an das junge Team für diese ausgezeichnete Arbeit!“ So das Urteil der begeisterten Juror:innen.
Interkulturelles Medienkunstprojekt zu den Themen Klimakrise und Nachhaltigkeit
Die Reise nach Singapur war also in gewisser Weise nur ein vorläufiger Höhepunkt eines interkulturellen Medienkunstprojekts: Dabei haben die Studierenden des Studiengangs „Visualisierung und Interaktion in digitalen Medien“ an der HS Ansbach zusammen mit der “School of Art, Design and Media” an der Nanyang Technological University Singapur (NTU) künstlerische 3D-Videos zu den Themen Klimakrise und Nachhaltigkeit erschaffen.
Das Besondere ihrer Arbeiten ist die räumliche Illusion der 3D-Amimation. Der Bildschirm zieht sich über die Ecke des Gebäudes und in Kombination mit der Animation scheint es, als bewegten sich die Figuren aus der Leinwand heraus und könnten mit der Umgebung interagieren. Um diesen Effekt wahrnehmen zu können, muss man sich allerdings am sogenannten „Sweet Spot“ befinden – dem Punkt, von dem aus Abstand und Winkel zum Screen perfekt passen.
Das Thema des Projekts hatte Verena Kraemer, Professorin for Graphic Visualization & Motion Design an der HS Ansbach, vorgegeben: Entangled Futures. Der Titel ist angelehnt an das gleichnamige Buch von Ann El Khoury, Nicole Schafenacker und Karen O’Brien. Die drei Kultur- und Sozialwissenschaftlerinnen wollen darin aufzeigen, wie andere Narrative in Bezug auf den Klimawandel funktionieren können. Das Buch enthält neun Geschichten, die zum Wandel inspirieren sollen, statt ein dystopisches Bild zu zeichnen. „Um uns erfolgreich an den Klimawandel anzupassen, müssen wir uns an den Gedanken gewöhnen, dass wir die Zukunft genau jetzt erschaffen … Es gibt keinen besseren Weg zur Transformation als das Erzählen neuer Geschichten über uns selbst und unsere Bedeutung in einer vernetzten Zukunft“, so Karen O’Brien.
Zum Wandel inspirieren, statt dystopische Bilder zu zeichnen
Die gleiche Mechanik nutzten die Studierenden in ihren visuellen Geschichten. Sie teilten sich in fünf Projektteams auf und machten in verschiedenen Animationen Lust auf Nachhaltigkeit. Die Animationen geben den Klimawandel als visuelle Geschichten wieder und stehen alle unter dem Motto Entangled Futures. Die Teams nahmen sich je eines der großen Hauptprobleme in Sachen Nachhaltigkeit vor: Generationenübergreifende Zusammenarbeit, Waldrodung, innerstädtische Begründung, Recycling und Müll in den Ozeanen. Weitere Inspiration für ihre Kreationen holten sich die Studierenden bei Arbeiten aus Korea oder London, wo die 3D-Technik bereits deutlich häufiger eingesetzt wird als hierzulande.
Das sind die fünf Arbeiten:
„The Arbor Project“ von Markus Kenderes und Lucas Ott stellt die generationenübergreifende Verantwortung sinnbildlich durch einen Baum dar, der von der ersten Generation gepflanzt wurde und der sich über mehrere Generationen hinweg entwickelt, wobei nur eine von ihnen davon profitiert.
„Recovery“ von Cem Ünaldi prangert die Zerstörung der grünen Lunge Südamerikas durch Brände und Versteppung an.
In „Going Green“ von Shaina Milde und Christian Scherzer erobert sich die Natur die Stadt zurück. Das Konzept der Green City mit seiner innerstädtischen Begrünung schafft einen neuen Lebensraum für die heimische Tierwelt.
In „Project Recycle“ von Maximilian Hammelmann und Johannes Schmidl wird das Gebäude langsam mit immer mehr Müll gefüllt und sensibilisiert die Vorbeigehenden dadurch für die Dringlichkeit von Recycling.
„Finding Home“ von Nicole Klaus und Minh Nguyen stellt eine Unterwasserwelt, in der Quallen durch Plastiktüten ersetzt werden, einer fischreichen Lebenswelt ohne Verschmutzung gegenüber.
Einen guten Eindruck der Arbeiten gibt dieser Zusammenschnitt der fünf Videos:
Und warum Singapur? Verena Kraemer ist bestens mit Ina Conradi vernetzt, die als Professorin an der NTU Singapore lehrt. Studierende aus Singapur bespielen regelmäßig den Screen am Ten-Square-Gebäude und über den Kontakt zu Conradi konnten sich erstmals auch Ansbacher Studierende auf dem Screen ausprobieren. Inzwischen wurde das Projekt wiederholt und bereits die zweite Gruppe von Nachwuchskreativen konnte ihre 3D-Animationen nach Südostasien schicken.
Bald auch in Deutschland auf DOOH-Screens zu sehen
Mit dem Sieg beim diesjährigen DCC YoungSTARS-Wettbewerb schaffte die Kampagne „Entangled Futures“ schließlich den Weg von Singapur nach Deutschland zurück. Denn mit der Auszeichnung gewinnt das Team aus angehenden 3D-Artists die Möglichkeit, ihre Arbeiten auch auf deutschen DOOH-Netzen zu zeigen und damit eine Milliarde Kontakte zu erreichen. Bis es soweit ist, müssen die Arbeiten allerdings erst noch angepasst werden, da es in Deutschland bisher noch keinen vergleichbaren Screen in der Größe mit Knick um die Ecke wie am Ten Square in Singapur gibt.
Für die neun Studierenden stehen mit den Bachelorarbeiten jetzt aber erst einmal andere Projekte an. Einige von ihnen werden demnächst als 3D-Artists den Berufseinstieg versuchen, andere werden nach dem Bachelor-Studium noch einen Master machen. Für die angehenden Designer war das Projekt in jedem Fall eine willkommene Chance. So eine Referenz macht sich in ihrem Portfolio immer gut. Und jetzt können sie außerdem noch den ersten Platz beim DCC YoungSTARS-Award in ihre virtuelle Mappe packen.