„Tarantino will ich vormittags nicht sehen“

Ab diesem Frühjahr vermarktet mc R&D, Deutschlands größter Vermarkter von Fahrgastfernsehen, auch den Standort Stuttgart und steigert damit die Zahl seiner Werbeträgerkontakte im gesamten Netzwerk auf nahezu fünf Millionen pro Tag. Geschäftsführer Andreas Orth über die Pläne in der Neckar-Metropole und den weiteren Ausbau.

„Schwaben in Berlin sind ein ewiges Reizthema“, schrieb vor einiger Zeit Ippens Onlinedienst BW24, „die Einwohner der Hauptstadt haben nicht unbedingt ein positives Bild von Stuttgartern“. Können Sie das unterschreiben, Herr Orth?

Andreas Orth: Toll, dass Clickbaiting im Internet immer noch funktioniert. Ich nähere mich dem Thema aber eher sportlich – nämlich mit einer Reminiszenz an Dieter Hoeneß. Der startete seine Karriere maßgeblich ja beim VfB Stuttgart, erst als Spieler, später als Manager. Hier in Berlin kennen ihn viele noch als erfolgreichen Manager vom Hertha BSC Berlin. Also: Der Brückenschlag Berlin-Stuttgart und vice versa kann durchaus gelingen.

Auch in wirtschaftlicher Hinsicht?

Natürlich – Stuttgart ist Deutschlands Autohauptstadt, die Heimat zahlreicher, internationaler Marken. Diese Kunden sind bereit, in gute Werbeleistungen zu investieren. Die bieten wir. Zu einem fairen Preis.

War das der Grund, warum Sie Fahrgastfernsehen ab dem Frühjahr nun auch in Stuttgart anbieten?

Ehrlich gesagt, verfolge ich den Plan schon seit rund 20 Jahren. So lange habe ich den Business Case schon in der Tasche – immer wieder modifiziert natürlich. Doch erst vergangenes Jahr haben sich die Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) dazu entschlossen, Fahrgastfernsehen weiter zu professionalisieren und das Projekt auszuschreiben. Kurz vor Weihnachten haben wir nach einer europaweiten Ausschreibung den Zuschlag bekommen.

No pain, no gain. Sie selbst werden jetzt auch investieren müssen.

In der Tat: Wir verstärken unsere Niederlassung Süd ad hoc mit einem neuen Mitarbeiter, weitere könnten sukzessive dazu kommen – abhängig vom Geschäftsverlauf. Mit dem SWR, der Tagesschau und der Stuttgarter Zeitung haben wir neue, exklusive Content-Partnerschaften für das Fahrgastfernsehen Stuttgarter Fenster geschlossen, unser langjähriger Partner Kicker ist im Programm ebenfalls mit dabei. Hinzu kommen unsere eigenen hochwertigen Formate wie das Kinomagazin Cineline oder das 2 GRAD Magazin.

Welche Erwartungen knüpfen Sie an den neuen Standort?  

Die möchte ich ungern öffentlich teilen. Ich sehe aber durchaus kurzfristig das Potential für einen niedrigen einstelligen Millionenbetrag, immerhin nutzen 617.000 Fahrgäste täglich den Stuttgarter ÖPNV. Ihnen bieten wir ein kurzweiliges Programm auf 802 Monitoren in knapp 500 Bussen und Stadtbahnen.

Nationale wie regionale Kunden im Visier

Auf welche Kundenklientel zielen Sie?

Kurz gesagt: Auf alle, für die DOOH das richtige Medium ist – und davon gibt es bekanntlich immer mehr. Bundesweit tätige Unternehmen genauso wie regionale. Wir sehen bei uns aktuell ein überproportional großes Interesse in zwei komplett unterschiedlichen Segmenten: Zum einen im Bereich der städtischen Veranstaltungen, in erster Linie also der ganze Kultursektor, zum anderen bei den Recruitingkampagnen der Unternehmen. Wer Berufstätige und damit potentielle Bewerber und Bewerberinnen erreichen will, ist bei uns genau richtig. Zudem ist Stuttgart einer der Austragungsorte der Fußball-EM, das wird dieses Jahr für einen zusätzlichen Vermarktungsimpuls sorgen.

Sie sind neben Stuttgart bereits in Berlin, München, Dresden und Leipzig mit dem Fahrgastfernsehen on air. Doch noch gibt es hierzulande genügend weiße Flecken. Warum füllen Sie die nicht mit Farbe?

Das ist unser Plan, wir werden uns an jeder aus unserer Sicht geeigneten Ausschreibung beteiligen. Aber nicht immer sind die Vermarktungsvorstellungen deckungsgleich mit unseren.

Was meinen Sie damit?

Wir brauchen ein gemeinsames Grundverständnis über die Programmqualität und -struktur. Je nach Zielgruppe steuern wir in Zwei-Stunden-Slots aus. Dildoking oder den neuen Tarantino will ich im Vormittagsprogramm nicht sehen, spät am Abend finden sie ihre Zielgruppe. Wir vermarkten uns etwas anders als andere DOOH-Anbieter. Eher wie Fernsehen nach Tageszeiten. Damit sind wir Marktführer in der Nische Fahrgastfernsehen.

Zurück zu Dildoking. Der wird bei Ihnen noch ganz klassisch buchen. Tatsächlich bieten Sie seit einem Jahr auch die Möglichkeit der programmatischen Buchung an. Funktioniert das?

Faktisch sind heute standortübergreifend über Hivestack und die OTG etwa 80 Prozent unseres Inventars programmatisch angebunden. Der Anteil der Buchungen liegt etwa bei zehn Prozent.

Ein deutliches Missverhältnis …

Überrascht Sie das wirklich? Wir erschließen dank Programmtic neue Kunden. Konzerne, die ihre Media Buyings aus London oder New Yorks steuern, wahrscheinlich noch nicht einmal wissen, wo Dresden und Leipzig liegen. Den Löwenanteil machen wir hier, direkt vor Ort. Nach über 20 Jahren Vermarktung von Fahrgastfernsehen kann ich Ihnen sagen: Das Geschäft erfordert vor allem die Auseinandersetzung mit dem Medium und seinen Möglichkeiten.

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