Ein Produkt wird nur gekauft, wenn das notwendige Interesse dafür da ist. Werbung muss diesen „Interest“ wecken, was die neuzeitliche Mediaplanung aber zu oft vergisst, findet Thomas Koch und zeigt auf, wie und vor allem in welchen Medienkanälen es besser geht.
Die Kommunikationswissenschaft gibt es hierzulande seit 1916, also mehr als 100 Jahre. Mit unendlich vielen Erkenntnissen hat sie uns in dieser Zeit leider nicht beglückt. Das soll kein Vorwurf sein, denn auch in 100 Jahren wird es nicht möglich sein, in die Gehirne der Menschen zu schauen. Deshalb ist es auch so schwierig zu ergründen, wie Werbung wirkt. Aber – und jetzt kommt die gute Nachricht – zumindest eine stabile Erkenntnis haben wir dank der Werbeforschung gewonnen: Interesse steuert die Intensität der Werbewahrnehmung und somit die Dynamik im Funnel.
Jetzt müssten sich die Werber nur noch an diese Erkenntnis halten und dem Interesse einen gebührenden Platz im berühmten Marketingtrichter geben. Doch sie tun das genaue Gegenteil. Dazu gleich mehr.
Auf Awareness folgt im Marketing Funnel bekanntlich das Interesse, das es zu wecken gilt. Eigentlich bräuchten wir keine Wissenschaften, die uns erklären, welche Rolle dieses Interesse spielt. Denn es ist logisch: Wenn man sich für ein Produkt nicht interessiert – zum Beispiel für Windeln, weil man keine kleinen Scheißer um sich hat – geht einem die Werbung für Pampers am sprichwörtlichen Gesäß vorbei. Da gibt es nicht einmal den berühmten „Streugewinn“.
Interest und die selektive Wahrnehmung
So ist es auch mit dem Phänomen der selektiven Wahrnehmung. Haben wir ein Baby zuhause, sehen wir überall Kinderwagen. Sind wir aber nicht gerade Mütter und Väter geworden, nehmen wir nicht einen einzigen Kinderwagen wahr. Unser Gehirn selektiert vor, damit wir Zeit haben, uns für die wichtigen Dinge zu interessieren.
Deshalb ist es überlebenswichtig für Marketer, dass ihre Werbung signalisiert, dass diese Marke unser Interesse verdient. Dazu müssen wir den geneigten Zielgruppenmenschen abverlangen, uns kurz zuzuhören, damit wir auch erläutern können, warum dem so ist. Gelingt dies, haben wir die einmalige Chance, die Marke zu positionieren und ihre Story zu erzählen. Sonst nehmen nur die paar Leute die Kampagne wahr, die gerade ein gesteigertes Interesse an dem Produkt haben und sowieso kaufen. Das reicht nicht, um zu wachsen und zu gedeihen. Byron Sharp lässt grüßen.
Alarm im Funnel
Weil sich die neuzeitlich-digitale Mediaplanung im Wesentlichen aber auf den Lower Funnel mit den total performanten Medien konzentriert, schlagen die Marketing-Experten Alarm. Es fehlt ihnen oben im Upper Funnel, also da, wo der Trichter noch ganz breit ist und Marken bekannt und begehrlich gemacht werden, an Interessen- und Markenaufbau. Sie wissen, dass derart fehlgeleitete Marken sich über kurz oder lang selbst abschaffen – und einem mörderischen Preiskampf im Lower Funnel aussetzen.
Deshalb unternehmen wir wieder den tolldreisten Versuch, die Medien mit ihren individuellen Stärken an dieser Stelle im Funnel zu verorten:
Die besten Medien für das Auslösen von Interesse und für Storytelling sind Medien, für die Menschen sich Zeit nehmen. Die Stärke von Display ist das bekanntermaßen nicht. Print wäre gut, macht aber heute keiner mehr. Mit TV baut man zwar eine hohe Reichweite auf und sammelt alle ein, deren Interesse entfacht werden könnte. Aber lineares TV wird auch gerade aus den Mediaplänen verbannt. Weil sie Print und TV aus der Mode geraten lassen, machen sich die Medialeute ihr Leben aber auch so schwer wie möglich.
Kino wäre klasse. Radio auch, wenn die Werber sich die Zeit nähmen, mit den Menschen zu reden. Stattdessen schreien wir sie an und hauen ihnen schmerzhaft unsere Sonderangebote um die Ohren.
DOOH glänzt auf ganzer Bandbreite
Bleiben Plakate, am besten Digital Out of Home in Wartesituationen. Enorme Reichweite, check. Spektakuläre Augenblicke, die Interesse wecken, check. Bewegtbild, um Storytelling zu perfektionieren, check. Tatsächlich spielt DOOH seine überlegenen Stärken oben im Funnel bei Awareness und Interest voll aus. Weshalb mehr DOOH in den Mediaplänen automatisch zu mehr Interesse auf Seiten der Zielgruppe führt.
Man darf gespannt sein, welche Medien im nächsten Schritt – bei Consideration – groß aufspielen.