Auf D folgt im Alphabet bekanntermaßen das E – und bei diesem Buchstaben beschert uns Kochs Media-ABC eine Wort-Neuschöpfung: Effizienzität. Diese klingt lustig, spiegelt aber eine unnötige Entwicklung im Media-Business wider, wie Media-Experte Thomas Koch erklärt.

„Effizienzität“? Nein, Sie haben nicht falsch gelesen. Das ist meine Wortschöpfung und der Tatsache geschuldet, dass hierzulande die Themen Effizienz und Effektivität häufig und erstaunlich gerne verwechselt werden. Vor allem – und darunter leidet die Effektivität der Werbung sehr – werden im Umgang mit der berühmtberüchtigten Effizienz allzu gerne die Prioritäten verwechselt.

Wikipedia belehrt uns: „Effektivität ist das Verhältnis zwischen geplanten Sollwerten (Zielen) und tatsächlich erreichten Istwerten. Der Begriffsinhalt und die Abgrenzung zur Effizienz sind in vielen Fachgebieten umstritten.“ Denn Effizienz bedeutet: „Wirtschaftlichkeit, Kosten-Nutzen-Relation oder rationeller Umgang mit knappen Ressourcen.“ Logisch, dass die beiden Halbschwestern in ständigem Streit miteinander nicht zu koexistieren vermögen.

Alles klar? Wahrlich nicht!

Wie schnell man durcheinanderkommt, beweist folgender Eintrag im Internet: „Effizienz bedeutet, die Dinge richtig zu machen. Dies bedeutet, man arbeitet schneller oder ressourceneffizienter. Effektivität bedeutet, die richtigen Dinge zu tun. Damit ist die richtige strategische Orientierung gemeint zum Erreichen der Unternehmensziele.“  Alles klar? Nein, mir auch nicht.

Wir machen es uns, typisch deutsch, zu kompliziert. Die Sache ist einfacher als wir meinen. Das Ziel jeder Maßnahme, jeder Kampagne und jeder Werbung ist Wirkung = Effektivität. Ganz klar: Prio 1. Auf dem Weg zu dieser Wirkung bemühen sich dann alle Beteiligten, möglichst wirtschaftlich mit dem eingesetzten Geld umzugehen = Effizienz. Dazu sind nicht nur Werber aufgefordert, sondern jeder Mensch, der mit fremdem Geld hantiert. Aber: Ohne Wirkung ist jede Wirtschaftlichkeit ein GAU, die größtvorstellbare Verschwendung von Ressourcen. Das ist nicht schwer zu verstehen.

Im Laufe der Zeit ist in der Werbebranche jedoch etwas sehr Eigentümliches passiert. Da die Werbewirkung, ihr Ursprung und ihre Attributionen nicht immer zweifelsfrei nachweisbar sind, die Wirtschaftlichkeit dagegen ganz easy in Form eines TKP, eines CpC oder sonstigem „Cost per Something“, sind viele Protagonisten irrigerweise dazu übergegangen, sich stärker auf die Wirtschaftlichkeit zu konzentrieren. Sie ist eben leicht nachzuweisen, leicht zu reporten, leicht einzurahmen und sich dafür feiern zu lassen.

Das führte dazu, dass der Mediaverantwortliche eines Düsseldorfer FMCG-Konzerns sich jahrelang das Sinken des TKPs hat honorieren lassen. Die Agentur lachte sich ins Fäustchen, denn nichts ist einfacher, als jedes Jahr die Wirtschaftlichkeit zu steigern, mithin diesen verfluchten TKP zu senken.

Wirkung bleibt auf der Strecke

Auf der Strecke bleibt: die Wirkung. Das erklärt, warum große Werbungtreibende wie P&G seit Jahren gebetsmühlenartig postulieren, dass ihnen künftig die Wirkung ihrer Werbung wichtig(er) ist. Erstaunlich, dass es jemals soweit kommen konnte. Heutzutage sind es digitale Plattformen wie Google- und Meta mit ihren unüberprüfbaren KPIs und TKPs, deren Einfluss auf die Wirkung man durchaus bezweifeln darf, die aber das Überleben von teureren Qualitätsmedien unmöglich machen.

Würde Werbekunden die Wirkung ihrer Kampagnen wirklich am Herzen liegen, müssten sie das nicht immer postulieren und unsere Qualitätsmedien würden nicht vor einem Scherbenhaufen stehen. Im Gegenteil, je lauter die Forderung nach Wirkung, desto niedriger der TKP, schwant mir. Das erklärt die sinkende Wirkung der meisten Kampagnen – aber nicht, warum Kunden nichts dagegen unternehmen.

Andererseits macht es denen die Arbeit leichter, die Effektivität vor Effizienz setzen. Ihren Kampagnen fällt es leicht, sich gegen den ganzen Clutter-Spam durchzusetzen. Wenn das nächste Mal jemand von der Wichtigkeit von Effizienz faselt, antworten Sie mit einem schlichten: „Ach, Sie gehören also auch zur Fraktion der Wirkungslosen. Bitte gehen Sie weiter, es gibt hier nichts zu sehen.“

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