Wie wird eine Kampagne auf Digital out of Home (DOOH) zum Erfolg, welche Kriterien sollte sie erfüllen? Im 2. Teil unserer kleinen Kreationsreihe geben Cornelia Krebs von september Strategie & Forschung und Thomas Wacker von der Ströer Media Creation Tipps zur optimalen Gestaltung einer digitalen Out-of-Home-Kampagne.
Cornelia Krebs, General Manager Emotion Engine bei der Agentur september Strategie & Forschung
Cornelia, welche sind die “Goldenen Regeln” für die Gestaltung für DOOH-Kampagnen?
Die wichtigsten Regeln lauten:
- Konzentriere Dich auf das Wesentliche: DOOH muss schnell erfassbar sein, das Bild muss direkt ansprechen und es darf nicht zu viel Text sein.
- Berücksichtige das Umfeld: Es sind zwei Paar Stiefel, ob man vor dem Supermarkt oder in der U-Bahn wirbt.
- Flexibilität optimal nutzen: DOOH ist schnell angepasst, wenn man Motiv-Varianten bei der Kreation mitdenkt. Beispiel Kaffee: Morgens heißt es „Hey, aufwachen!“, mittags „Gönn dir eine kleine Genusspause“ und vor dem Supermarkt geht man auf eine Preisaktion ein.
Und welche Fehler werden – aus deiner Sicht – am häufigsten gemacht?
DOOH ist eine besondere Art der OOH-Werbung, weil sie in Bewegung ist – aber eben nicht so wie im TV oder auf YouTube, wo die Menschen am Bildschirm kleben. Diese Werbeform wird leider viel zu selten in die entsprechende Nutzungssituation eingebettet, was es schwer macht, die Botschaft richtig zu verankern.
Helfen dynamische Elemente für eine stärkere Wirkung?
Unbedingt, denn mittels DCO (Dynamic Creative Optimization) lassen sich Spots individuell anpassen. Ein Creative kann so modelliert werden, dass es je nach Ort, Tageszeit oder Zielgruppe eine andere Botschaft transportiert. Wir stecken hier noch in den Kinderschuhen.
Wie wichtig ist der Faktor Emotion bei der inhaltlichen Ausgestaltung?
Ohne Emotionen gibt es schlicht keine Wirkung! Perfekt ist eine Werbung, an der ich vorbeilaufe und mich unmittelbar angesprochen fühle. Sie muss Sympathie, Attraktion oder Relevanz auslösen. Entweder, indem sie zu meiner eigenen Situation passt, oder eine positive Bedeutung hat oder eine Reflexion in mir auslöst. Sie muss mich emotional „triggern“. Gerne nehme ich nochmal das Kaffee-Beispiel. Wenn ich aufbrechende Kaffeebohnen zeige und dazu noch die Crema, dann kommt einem bildlich der Kaffeeduft in die Nase und löst das entsprechende Verlangen aus.
Viele Kunden hätten zwar gerne möglichst kreative Konzepte, entscheiden sich aber dann für die „solide“ Lösung. Würdest du dir hier mehr Mut wünschen?
Auf jeden Fall, denn nur dann entsteht echte Kreativität. Ein Motiv muss mich emotional triggern, mich berühren und ein Gefühl des „Haben-wollens“ auslösen. Ohne Kreativität entstehen nur Motive, die lediglich ein Schulterzucken auslösen, nach dem Motto: ‚Ach ja, das hab ich schon oft gesehen.‘ Als Forscherin wünsche ich mir von Unternehmen den Mut, mehr in Kreativität und Media zu investieren.
Thomas Wacker, Vice President Creation bei Ströer Media Creation
Thomas, welche typischen Fehler in der DOOH-Kreation fallen dir ein?
Ich stelle in unseren Kreativ-Workshops für Kunden immer wieder fest, dass sich die Kreativen zu wenig bewusst machen, in welchen Umfeldern die Spots wirken sollen. Die Kreationen entstehen an Monitoren und die Kunden beurteilen sie an Monitoren, doch das hat mit der Praxis-Situation nur wenig zu tun. Kreative sollten sich bewusst machen, dass die Zuschauenden meist nur einen 10-Sekunden-Timeslot haben, ein Zurückblättern gibt es nicht. Ich rate deshalb, den Spot unabhängigen Betrachtern nur ein einziges Mal zu zeigen und dann zu fragen, was erinnert wird.
Es gibt ja auch unterschiedliche Rezeptionssituationen. Wie lassen sich diese für die DOOH-Kreation nutzen?
Wir unterscheiden zwei Grundsituationen. Einmal die Wartesituation, damit meine ich die Infoscreens an den Bahnsteigen in U-Bahnhöfen, sowie eine Passagesituation, in der Menschen als Fußgänger oder Autofahrer unterwegs sind. Bei einem Wartemedium ist Storytelling möglich und sinnvoll. Es gibt einen Spannungsbogen und eine Auflösung am Ende. In der Passagesituation ist die Reduktion auf das Wesentliche und eine dauerhafte Präsenz der Schlüsselinformationen besonders wichtig. Die Bildsprache sollte klar und in der Größe überzeugend sein.
Kannst du zwei Beispiele für besonders gelungene DOOH-Kampagnen nennen – und was in Sachen Kreation besonders gut gelungen ist?
Gut gelungen ist meiner Meinung nach ein aktueller Spot von Bayern 3 mit dem Claim „Wir fayern Bayern“. Die Präsenz des Absenders ist sehr deutlich, die Farben leuchtend, die lebensgroße Person im Spot sieht den Zuschauer direkt an und zieht den Blick auf sich. Bewegung ist sinnvoll eingesetzt, ohne von der Kernbotschaft abzulenken.
Ebenfalls gelungen finde ich den Spot von Dole Fruits „Let’s dole it“. Das ist visualisiertes Storytelling in einer Wartesituation, eine Mood-Story, die Laune macht.
Viele Kunden hätten zwar gerne möglichst kreative Konzepte, entscheiden sich aber dann für die „solide“ Lösung. Würdest du dir hier mehr Mut wünschen?
Absolut! Ich erlebe häufig, dass Werbetreibende noch eine Textzeile mehr reinpacken wollen, damit der Spot unbedingt verstanden wird. Meist ist dann das Gegenteil der Fall. Außenwerbung soll neugierig machen, einen Stachel setzen. Wir triggern, die Informationskette kann dann beispielsweise auf dem Handy weiterverfolgt werden. Mein Appell: Vertraut darauf, dass die Leute euch und eure Informationen finden.
Wohin geht der Trend in Sachen Kreation?
Der Trend geht zur übergreifenden Kommunikationsstrategie. Kunden haben verstanden, dass für unterschiedlichen Medienträger und Rezeptionssituationen unterschiedliche Kreationen nötig sind. Es hilft dabei sehr, dass immer leistungsfähigere Produktionstools die Kosten für zusätzliche Formatanpassungen sinken lassen.