Ein frischer Blick auf bewährte Konzepte und ein kluger Einsatz von AI: Auf dem DSS Europe in München diskutierte die Branche die Zukunft von Digital Out of Home. Balthasar Mayer, Chefredakteur von invidis, hat die wichtigsten Erkenntnisse aus der zweitägigen Konferenz für den IDOOH-Blog zusammengefasst.
Über die Erfolge reden, Herausforderungen klar benennen – das ist die Stärke des Digital Signage Summit Europe, der Ende Mai im Hilton Munich Airport stattfand. Diese Mischung wurde in üblicher DSS-Europe-Manier auch auf den DOOH-Panels diskutiert.
Der Erfolg von Digital Out of Home steht außer Frage, Nielsen vermeldete erst kürzlich für 2024 19 Prozent Wachstum in Deutschland. Zur Diskussion stand eher, wie DOOH sich selbst definieren muss, um den Erfolg in die Zukunft zu tragen. Aus dem analogen Außenwerbebereich übernommen ist der Fokus auf die physischen Netzwerke, die Anzahl der Screens. Die spielen immer noch eine wichtige Rolle, beeindrucken aber die nächste Generation an Mediaplanern nicht. “Junge Mediaplaner denken nicht in Kategorien der echten Welt”, erläuterte FAW-Hauptgeschäftsführer Kai-Marcus Thäsler. Für sie ist die Technologie das Medium, nicht das Plakat oder der Screen. Dementsprechend müsse auch das Selbstverständnis der Branche sein: “Wir verkaufen Zielgruppen, nicht Bildschirmfläche.”
Daher ist es in der nahen Zukunft von zentraler Bedeutung, Zielgruppen noch besser zu verstehen und sie darzustellen – eine Stoßrichtung, die auch die neue IDOOH-Studie P&PS 3.0 bedient. Deren Granularität erlaubt es unter anderem, Nettoreichweiten auf Einzelstandortebene zu ermitteln – also genau zu messen, wie viele Personen an einem bestimmten DOOH-Screen vorbeikommen.

Daten und Programmatic
Und die Basis dafür: Daten. Viele Daten, die intelligent miteinander verbunden werden. Ohne sie ist eine genaue und erfolgreiche Zielgruppenanalyse nicht möglich. Und nicht nur für die zielführende Analyse und Segmentierung können die Daten eingesetzt werden, sondern auch zum Beispiel für die Platzierung von Displays – indem der ROI eines potenziellen Screens schon vorher errechnet wird.
Doch DOOH-Experten warnten auch davor, Daten um der Daten willen zu sammeln. Am Anfang stehe die Idee, das Ziel, das man mit einer Kampagne erreichen will. “Man sollte nicht die Verantwortung an die Daten abgeben”, betonte Christian Siebke von TV-Wartezimmer.
Für die Entwicklung von Programmatic sind Daten ebenfalls zentral. Deutschland ist hier auf einem guten Weg. Geld, das normalerweise in Online- und Social-Media-Kanäle fließt, kommt nun auch in DOOH an. Doch ist klar: Programmatic verändert den Markt. Neue Player tauchen auf, zum Beispiel die großen Marken mit ihren eigenen Ausspielkanälen. Und durch die benötigten Daten kommen weitere Spezialagenturen ins Spiel, die auch ein Stück vom Kuchen abhaben wollen.
Aber in der Diskussion war man sich einig: Lieber ein größerer Kuchen, von dem mehrere etwas abbekommen. Wichtig sei, dass die DOOH-Gattung an sich wachse, um sich im Mediamix behaupten zu können – vor allem gegen die Marktmacht der Social-Media-Konzerne. “Die wahren Konkurrenten sind Google, Meta & Co.,” fasste es ein Panelteilnehmer zusammen.

AI verändert die Branche
Das Thema, das auf dem gesamten DSS Europe groß diskutiert wurde, war natürlich auch auf der DOOH-Bühne präsent: Wie wird AI die Industrie verändern? Eine Antwort darauf hatte Frank Goldberg, Geschäftsführer des IDOOH-Instituts: „AI wird – anders als das Metaverse – spürbare und bleibende Auswirkungen haben, indem es zum Beispiel die Produktivität steigert, dadurch Transaktionskosten senkt und damit fortführt, was Programmatic DooH begonnen hat: Die Effizienz und Wirtschaftlichkeit von Planungen und Buchungen steigern und damit auch die Platzierung kleiner Budgets wirtschaftlicher machen.“
Zudem erschließt die AI einen besseren Umgang mit den benötigten großen Datenmengen. Doch hier gilt: Nicht um des Sammelns willen eine Menge Datenmüll zu produzieren. „Bevor wir die KI auf die Daten loslassen, müssen wir diese erst im Detail verstehen und qualitätssichern, um am Ende auch stabile Planungsgrundlagen zu bekommen“, betonte Frank Goldberg. Lauritz Elmshäuser von HYGH wies zudem auf einen ganz anderen Shift durch AI hin: LLMs lassen die Zahlen von Online-Search dramatisch zurückgehen. Beeinflusst das die Media-Budgets, müssen andere Gattungen wie DOOH bereitstehen, um dieses Geld in die eigenen Kanäle umzuleiten.

Wie gründlich AI die DOOH-Branche verändern kann, zeigte Dimitri Gärtner von Framen. In seinem Vortrag stellte er dar, wie Künstliche Intelligenz die Prozesse bei Framen komplett transformierte. Das fängt beim exponentiell gestiegenen Programmier-Output an und erstreckt sich über alle Bereiche. Aufgrund der historisch gesammelten Daten, mit denen die AI trainiert werden kann, sind Optimierungen und sogar komplette Kreationen von DOOH-Anzeigen möglich. Im Zentrum steht dabei der neue Framen AI Assistant, der als Chatbot komplette Planning-Aufgaben übernimmt. “Theoretisch sind wir so weit, dass wir den Framen Ad Manager durch den Chatbot ersetzen können”, erklärte Dimitri Gärtner.
DACH-DOOH vereint
Somit steht die DOOH-Branche vor einem Bündel an Möglichkeiten – von der technologischen Transformation bis zu den potenziell offenen Ohren der Mediaplaner von morgen. Diese Aufgaben sind am besten im Team zu bewältigen. Das zeigte auch das DACH-Panel auf dem DSS Europe, auf dem DOOH-Vertreter aus allen drei Ländern präsent waren – neben dem IDOOH auch der IG DOOH aus der Schweiz sowie der erst kürzlich gegründete OOHA-Verband aus Österreich. Die Zukunft ist vernetzt – nicht nur in Datensätzen und Displays, sondern auch zwischen allen DOOH-Stakeholdern.