Eine Vielfalt an Werbeträgern, eine Währung

Bislang ist es nicht möglich, die einzelnen DOOH-Flächen in Sachen Kontaktchance, Kontaktqualität und Frequenz zu vergleichen. Das soll sich nun ändern. Eine Logik für eine Gattung – das ist das Ziel der Ende 2023 vereinbarten Kooperation zwischen dem Fachverband Aussenwerbung (FAW) und dem IDOOH. Wie sie diese einheitliche Mediawährung auf den Weg bringen wollen, erklären der Hauptgeschäftsführer des FAW, Kai-Marcus Thäsler, und IDOOH-Geschäftsführer Frank Goldberg im Interview.

Bei der jüngst beschlossenen Kooperation zwischen FAW und IDOOH geht es darum, Grundlagen für eine Marktforschung zu schaffen, als Basis für eine einheitliche, nachhaltige Mediawährung. Könnt ihr das kurz erklären?

Kai-Marcus Thäsler: Seit geraumer Zeit wünschen sich große nationale Kunden, aber auch solche, die regional buchen, eine einheitliche Leistungswertlogik für die gesamte Gattung. Und zwar eine, die möglichst einfach, simpel und konsistent ist. Sie soll für Planer und Kunden die verschiedenen Touchpoints vergleichbar macht. Wir freuen uns sehr über die Kooperation, da sie eine Gesamtbranchen-Willensbildung bekundet.

Was sind die größten Hürden dabei?

Frank Goldberg: Da wären zunächst die vielen verschiedenen Touchpoints und Wahrnehmungssituationen zu nennen, wie beispielsweise die Screens in Wartezimmern oder die Beamer-Projektionen an Bahnhöfen, auf die im Schnitt fünf bis sechs Minuten geguckt wird. In einer Mall dagegen besteht keine Warte-, sondern eine Passagesituation. Auch die Art der Screens unterscheidet sich in Größe und Programm-Logik. Hinzu kommen die vielen Millionen Straßenabschnitte, auf denen der rollende Verkehr die Wahrnehmung vorgibt. So ist jeder Kontakt im Hinblick auf die Werbewahrnehmung unterschiedlich. Es geht aber auch um die programmatische Buchung, bei der der Werbungtreibende nur noch in Kontakten denkt. All das muss eine gemeinsame Währungslogik berücksichtigen.

Für die einheitliche Mediawährung müssen erst die Grundlagen geschaffen werden. Wie könnten diese aussehen?

Thäsler: Die unterschiedlichen Touchpoints, Locations und Wahrnehmungssituationen vergleichbar zu machen, ist Aufgabe der Mediaforscher aus unseren Mitgliedsunternehmen. Es geht darum, die Kontaktchance, die Kontaktqualität und die Frequenz vergleichbar zu machen. Dazu muss man Frequenzen erheben, Zielgruppen modellieren, wie sich die Menschen im öffentlichen Raum bewegen, Wahrnehmungssituationen berücksichtigen. Dafür nutzen und kombinieren wir viele verschiedene Datenquellen – natürlich streng DSGVO-konform – wie zum Beispiel Frequenzdaten, App- und Mobilfunkdaten und Markt-Mediastudien.

Indoor und Outdoor vergleichbar machen

Was könnten FAW und IDOOH jeweils dazu beitragen?

Thäsler: Ich drücke es mal salopp aus – der FAW ist traditionell Herr über die Leistungswerte im Straßen- und Fußgängerraum. Wir haben quasi den öffentlichen Raum vermessen und verfügen über Daten zu jedem einzelnen Werbeträger da draußen und zu den Menschen, die die Werbung sehen. Bisher war die Gebäudegrenze die Leistungswährungsgrenze.

Goldberg: In den Gebäuden hat sich aber über die Jahre ein ganz eigenes Universum an Werbeträgern entwickelt. So finden sich digitale Werbeflächen in Shopping Malls, Flughäfen, Bahnhöfen, Supermärkten, Tankstellen und vielen anderen Umfeldern. Aus diesen Umfeldern heraus hat sich auch das Programmatic Advertising in der Außenwerbung entwickelt, und hier haben die Mitgliedsunternehmen des IDOOH mit der Zeit eine eigene Kompetenz entwickelt. Beide Universen zusammen machen die ganze Stärke der Außenwerbung aus.

Warum ist die Umsetzung bisher nicht gelungen?

Thäsler: Bislang waren die Voraussetzungen nicht gegeben: Unterschiedliche Methoden, unterschiedliche Marktanforderungen, unterschiedliche Genese der jeweiligen Leistungswertmessung. Daten und Technologien haben sich weiterentwickelt und natürlich auch die Bereitschaft aller Marktteilnehmer, loszulegen. Und jetzt macht es Sinn, das Thema auf den Weg zu bringen, auch, weil die Außenwerbung einen Lauf hat. Je einfacher man so eine neue Währung gestaltet, desto einfacher wird es, unsere Medien zu buchen. Denn neues Geld kommt auch durch Werbungtreibende und Agenturen, die keine OOH-Spezialisten sind und in denen keine ausgebildeten Mediaplaner sitzen. Wenn wir Kunden und Agenturen die Buchung so einfach wie möglich machen, wird uns das sicher dem Ziel für 2024/2025 näherbringen – nämlich ein Marktanteil von zehn Prozent.

Mit einheitlicher Währung Marktanteile erhöhen

Wie kann speziell DOOH von der einheitlichen Mediawährung profitieren?

Goldberg: Digital Out of Home wächst, während der Medienmarkt insgesamt schrumpft: Lineares TV verliert an Reichweite und Online-Werbung muss sich nach der Cookycalypse neu erfinden. Die Umverteilungskämpfe sind in vollem Gange. Je schneller wir jetzt in der Lage sind, als Gattung eine einheitliche Währung anzubieten, die transparent, konsistent, begreifbar und easy to use ist, desto schneller können wir Marktanteile aus anderen Gattungen ziehen, die uns aktuell förmlich dazu einladen.

Ihr habt auch davon gesprochen, „neue Nutzungsmöglichkeiten des Mediums schaffen zu wollen“. Was ist damit gemeint?

Thäsler: Die Relevanz von DOOH hat sich in den vergangenen Jahren deutlich erhöht. Es hat sich von einem reinen Indoor-Medium in den Straßenraum herausgearbeitet und neben seiner Funktion als Werbeträger zu einem Info-Medium entwickelt. Public Video im Straßenraum ist vielerorts schon Bestandteil intelligenter Stadtinformation. Die Screens informieren Autofahrer und Fußgänger über Verkehrs- und Sicherheitslagen, zeigen Nachrichten, Wetter und Entertainment und werden für kommunale Termine und aktuelle Themen wie zum Beispiel Wahlen eingesetzt.

Die einheitliche Mediawährung soll erst der Anfang sein. Was steht außerdem auf eurer To-Do-Liste?

Goldberg: Grundsätzlich wollen wir in Sachen Kommunikation im öffentlichen Raum mit einer Stimme sprechen. Neben dem wichtigen Thema Leistungswerte gibt es noch weitere Punkte, für die die Kooperation stehen soll – das Lobbying sowie das Gattungsmarketing für Außenwerbung, egal ob digital oder analog. Zudem sollten wir unsere Kräfte auch bei der Positionierung von (Digital) Out of Home als eines der umweltfreundlichsten Medien bündeln. All das halte ich ebenfalls für ganz wesentlich.

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