DCO: Für jede Zielgruppe das passende Creative

Dynamic Creative Optimization macht es möglich: Einzelne Werbemittel-Elemente können dynamisch und automatisiert ausgetauscht werden. Das sorgt für eine höhere Gehirnaktivierung und auch mehr Abverkauf. Wie die Technologie funktioniert, wie Programmatic Advertising und KI reinspielen und mit welchen Mehrkosten Werbetreibende rechnen müssen.

Deutschland ist reich an Dialekten. Da wäre es doch lässig, die Passanten in ihrer jeweiligen Mundart zu grüßen – „Servus“, „Moin“ oder auch „Tach“. Das hat der Werbetreibende Bahlsen zusammen mit Weischer.JvB im Zuge einer DOOH-Kampagne umgesetzt. Da die Ausspielung in 100 Städten erfolgte, an verschiedenen Wochentagen, zu unterschiedlichen Uhrzeiten sowie an verschiedene Zielgruppen gerichtet, wurden rund 1000 Motiv-Variationen ausgespielt. Möglich gemacht hat das die Technologie DCO. Sie steht für Dynamic Creative Optimization – das bedeutet so viel wie dynamische Anzeigenoptimierung. „Über den DCO-Ansatz sind den Formen der Personalisierung nahezu keine Grenzen gesetzt“, erklärt Tobias Hefele, CEO von Weischer.JvB. Werbeinhalte werden dabei geografisch, demografisch oder zeitbezogen personalisiert. Auch etliche andere Faktoren können mit einbezogen werden. „So sind auch individuelle Anpassungen bei Sportereignissen oder auf Basis von Daten, die die Kunden liefern, sowie zu Rabatt-Aktionen, möglich“, ergänzt Dirk Fischer, Head of Motion Design bei WallDecaux.

DCO eröffnet unbegrenzte Variations-Möglichkeiten

Mit dynamischer Optimierung bieten sich Werbetreibenden damit neue Möglichkeiten des Targetings. Hier ein paar Beispiele, was machbar ist, wenn die einzelnen Bild- und Textelemente dynamisch sind – und nicht ein komplettes Bild ausgetauscht werden muss:

  • Zeitbezogener Hinweis: „Der nächste Film startet in 5/4/3/2/1 Minuten“
  • Hinweis auf Sportereignisse: „Live-Ticker zum Spielstand“
  • Produktverfügbarkeiten: „Nur noch 10/5/3 dieser Produkte in unserem Shop“
  • Geokoordinaten: „Dein Taxi ist in 5/4/3/2/1 Minuten bei Dir“
  • Gesundheitsdaten: „Aktuell 5/10/20 Prozent Pollenbelastung in München“

„Das Creative kann jederzeit angepasst werden und ist innerhalb von Sekunden live auf der Straße sichtbar“, erklärt Fischer. So hat WallDecaux beispielsweise für Hexal eine DOOH-Kampagne entwickelt, die eine unter Heuschnupfen leidende Zielgruppe ansprechen sollte. Mittels DCO und datenbasierter Aussteuerung war die Kampagne zur Pollenflugzeit im unmittelbaren Umfeld von Apotheken sichtbar. Die Aussteuerung wurde durch entsprechende Bio-Daten getriggert und die Motive zeigten unter Verwendung von DCO den jeweiligen aktuellen Pollenflugindex sowie eine Prognose für die folgenden zwei Tage.

Aber auch Kunden wie Oatly oder der Mobilitätsanbieter FREENOW konnten in ihren DOOH-Kampagnen ihre Botschaften dank DCO und Programmatic immer zur rechten Zeit am rechten Ort vor den richtigen Zielgruppen platzieren.

Vordefinierte Regeln entscheiden über die Ausspielung

Doch wie funktioniert die Umsetzung in Echtzeit? „In der Regel erfolgt die Ausspielung mit HTML5-Werbemittel, die statische Inhalte sowie dynamische Text- oder Bildelemente haben, die je nach Datenlage angepasst werden“, erklärt Gerald Scholz, Dynamic Content Developer bei WallDecaux.  Die einfache Version ist ein vorproduziertes Bild, auf das die Event- oder Sportdaten per HTML darübergelegt werden. „Bei der Königsklasse, der dynamischen Kreation, wird jedes Element in HTML5 programmiert“, sagt Scholz.

Als externe Datenquellen können auch Daten, die die Kunden zur Verfügung stellen, wie beispielsweise aus dem Warenwirtschaftssystem, über eine sogenannte API – also eine Schnittstelle – verbunden werden. Die technische Umsetzung erfolgt in der Regel über Programmatic Advertising. Voraussetzung dafür sind eine DSP (Demand Side Platform) und eine SSP (Supply Side Plattform). „Beide Plattformen müssen DCO unterstützen und bereitstellen können“, sagt Scholz.

Die Dolomiti-Superski-Kampagne arbeitete mit Webcam-Bildern aus den Skigebieten, die - je nach Wetter - live in die Creatives eingespielt wurden.
Die Dolomiti-Superski-Kampagne arbeitete mit Webcam-Bildern aus den Skigebieten, die – je nach Wetter – live in die Creatives eingespielt wurden.

Auch auf KI wird im Zusammenhang mit DCO zurückgegriffen. Weischer.JvB nutzte die neue Technologie in seiner Kampagne für Dolomiti Superski. „Auf Basis unserer KI-Lösung haben wir diverse Zielgruppen modelliert, die anschließend für das programmatische Targeting in der DSP aktiviert wurden“, sagt Hefele. Bei schönem Wetter wurden Live-Bilder von Webcams aus den Dolomiten eingespielt, jeweils mit der sich verändernden Temperaturangabe. Bei allen anderen Wetterlagen wurden Motive von generativer KI, also einer bild- und textgebenden KI, passend zu den Zielgruppen sowie den Themenwelten über einen Dynamic-Video-Ansatz ausgespielt“, so der CEO von Weischer.JvB weiter.

Doch dadurch, dass KI die Kreation in Echtzeit ändert, stellt sich auch die Frage nach der Brand Safety. Was, wenn sie halluziniert und verbotene Motive liefert? Hefele kann diese Bedenken zerstreuen. „So einen Vorfall wird es nicht geben, denn eine text- oder bildgebende KI (generative KI) kommt maximal in der Erstellung der einzelnen Creative-Assets zum Einsatz und wird vor Implementierung in das Content Management System von Menschen gecheckt. Dieses System kann in der Ausspielung nur auf bestehende Assets zurückgreifen und diese ausspielen.“

Es herrscht noch Zurückhaltung im Markt

DCO ist ein Thema, das in den letzten vier Jahren zwar an Fahrt aufgenommen hat. Dennoch sind dynamisch angepasste Kampagnen nach Auskunft der beiden WallDecaux-Experten Fischer und Scholz eher die Ausnahme als die Regel. „Drei bis vier Anfragen erhalten wir pro Monat, doch nur ein bis zwei werden umgesetzt“, sagt Scholz. Dabei ist inzwischen belegbar, dass die Anpassung in Echtzeit die Relevanz der ausgespielten Werbebotschaft deutlich erhöht. Fischer und Scholz beziehen sich auf die große Studie „Moments of Truth“, demnach sorgt DCO für eine bis zu 32 Prozent höhere Gehirnaktivierung und damit auch „höhere Abverkaufszahlen“, wie Fischer ergänzt.

Und wie sieht es mit den Kosten aus? „Liefert der Kunde spezielle Produktdaten an, die bei uns nur noch eingespielt werden, erhöhen sich die Kampagnen-Kosten um rund 0,5 Prozent. Wenn wir dagegen selbst die Daten aufbereiten oder APIs erstellen, wird ein Aufschlag von etwa fünf Prozent fällig“, erklärt Scholz.

Die Verwendung von DCO macht den Zugriff auf große Datenmengen nötig. „Bei DCOs werden jedoch keine personenbezogenen Daten genutzt, sondern mit Zielgruppen-Personas gearbeitet“, betont Fischer. „Wir sehen zum Beispiel über die genutzten Handy-Apps, welche Personengruppen in der Nähe sind, und können dann entsprechend angepasste Spots ausspielen.“

Bei all den Vorteilen von DCO: Allzu sorglos sollte man mit der Technologie auch nicht umgehen, findet Weischer.JvB-Chef Hefele und warnt gleichzeitig vor einer übermäßigen Personalisierung: „Sie kann dazu führen, dass sich die Zielgruppe überwacht fühlt und so eher negative Assoziationen ausgelöst werden“, gibt der Experte zu bedenken.

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